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Herzlich willkomen in Messelhausen. Auf den folgenden Seiten werde ich versuchen alles online zu stellen, was Messelhausen so ausmacht. Falls die ein oder andere Info über Vereine nicht ganz vollständig sind, bitte ich dies zu entschuldigen. Sollten dennoch Fragen auftauchen, so beantworte ich diese gerne. Unter r.liebenstein@email.de. Doch nun viel Spass beim stöbern -Euer Ralf Liebenstein

update vom 04.12.2023


Stadt: Lauda-Königshofen Kennzeichen : TBB
Regierungsbezirk: Stuttgart
Einwohnerzahl Lauda-Königshofen
14.696 (2015) Einwohner Messelhausen: 318  Markungsfläche: 816 ha
Ortsvorsteher(in): 02.07.2019   
Christian Braun, 

Werner Schmitt, Svenja Nagler, Florian Hess, Dorothee Walter
 


Geographische Lage: 49° 57´N, 09°78´O
303 ü. NN


    
Das Kloster in Messelhausen noch einmal sehen 


Diesen Wunsch hatte Rita Holland geb. Horn aus Messelhausen, 
Deshalb organisierte ihr Sohn Rainer Holland ein Familientreffen der Horn- Familie in Messelhausen und Königshofen vom 13.-17.09.2023.

Die im entfernten Kreis Segeberg lebende Familie Holland konnte zu dem Wunsch der Mutter Rita nicht Nein sagen.


Das ehemals jährlich stattfindende Hamburger Siemens Fussball Treffen in Messelhausen half bei diesem Projekt.

Vor allem die Vorfälle im 2. Weltkrieg rund um den Baukeller in Messelhausen blieben Rita Holland im Gedächtnis, sie erlebte diese Ereignisse als damals 9 jährige hautnah und erzählt noch heute ihrem Sohn davon, aber eben auch das Augustiner Kloster -heute Johanniter- haben Rita Holland schon damals fasziniert, leider durften wir als Kinder nicht in das ehemalige Augustiner Kloster oder in den Park.
Bei einem Rundgang durch das "Kloster", so wie ein Besuch des mittlerweile umgestalteten Park, flossen so manche Freudentränen.

 Auch Messelhausen selbst hat die heute 87 jährige noch in lebhafter Erinnerung, die baulichen Veränderungen der Jahrzehnte konnte die noch rüstige Dame mit ihren Erinnerungen und alten Bildern aus einer Dokumentation über Messelhausen durch das mitgebrachte Buch von Ralf Liebenstein wieder wettmachen, ebenfalls erinnerten sich viele ältere Bewohner an Rita was dazu führte das der Rundgang durch das Dorf 2 Stunden in Anspruch nahm.

Natürlich durfte der Besuch der Kirche und des Friedhof nicht fehlen, so manche Verwandten aber auch ehemalige Freunde, liegen dort begraben, nach einer besinnlichen Pause führte der weitere Weg nach Hof Marstadt und Hofstetten.

Nach Ende der Besichtigungen fuhr man nach Königshofen, um dort einen Teil der Horn zu treffen, der bis aus Bühl angereiste noch lebende Verwandte erinnerten sich genauso an Jugendzeiten im schönen Main Tauber Kreis wie Rita Holland weshalb der weitere Weg durch den Kreis und auf die Königshöfer Messe führte.

R.L. 
 





 

Der Ort Messelhausen und die Freiherren von Zobel

 

Der Ort Messelhausen liegt in der Nord-Ost-Ecke von Baden Württemberg auf dem fränkischen Hochland (320 Meter über NN) und grenzt in unmittelbarer Nähe an Bayern (Ochsenfurter Gau) und das ehemalige Land Württemberg (Bad Mergentheim).

 

Die ca. 330 Einwohner zählende und 816 ha Gemarkungsfläche umfassende Gemeinde Messelhausen befindet sich im Main-Tauber-Kreis und ist seit 1975 ein Stadtteil von Lauda-Königshofen. Sie setzt sich aus drei von einander getrennten Siedlungsgruppen zusammen:

  • dem Dorf Messelhausen

  • dem Weiler Hofstetten und dem

  • Hof Marstadt

 

Der Hauptort Messelhausen verbirgt sich anmutig in einer flachen Mulde, im Westen und Osten von Wald umsäumt („Löhlein“ und Kirchholz“). Seinen Mittelpunkt bildet das ehemalige Schloss der Freiherren von Zobel mit Parkanlage und Obstgarten (Gesamtfläche ca. 8 ha).

 

Da die Freiherren von Zobel über 450 Jahre in Messelhausen lebten bzw. hier residierten, ist die Geschichte und sind die Geschicke des Ortes und seiner Bewohner eng mit diesem Adelsgeschlecht verbunden.

 

Die Zobel gehören zu den ältesten Rittergeschlechtern in Franken. Ihr Familienwappen zeigt in Rot einen silbernen, schwarzgesäumten Pferdekopf. Diesem Pferdekopf-Wappen begegnen wir in und um Messelhausen auf Schritt und Tritt:

Als Wappenstein oder Wappentafel an der Grenzmauer zum Schlosspark, über dem Haupteingang zum Zobel’schen Weinkeller, über der Einfahrt des Gebäudes zum Pachthof, oberhalb der Haustüre zum einstigen Rent- bzw. Forstamt sowie am Hauptportal der Pfarrkirche; ferner noch auf zahlreichen alten Grenz- und Markungssteinen in Feld, Wald und Flur.

 

Bereits im Jahre 948 werden ihre Namen in alten, vergilbten Turnier- und Adelsbüchern genannt. Beim Herzog von Franken hatten sie einstmals höchste Hofämter inne. Einige Bischöfe und Prälaten gingen aus ihrer Linie hervor.

 

Über die Herren von Tottenheim und von Thüngen kam Messelhausen im Jahr 1530 an Christoph Zobel von Giebelstadt zu Guttenberg. Aber schon 1538 starb Christoph von Zobel. Seine zum 2. mal verwitwete Frau Dorothea von Tottenheim verkaufte im Einverständnis mit dem Domherrn Melchior Zobel zu Würzburg Dorf, Schloss und Hof Marstadt an ihren Verwandten Stephan Zobel von Giebelstadt zu Darstadt im Jahr 1538.

 

Inzwischen hatten die Herren von Zobel auch den dritten Gemarkungsteil Hofstetten erworben. Der Hof war vorher Eigentum der Bischöfe von Würzburg, von dem ihn die Zobel zu Lehen trugen. Die Familie Zobel war nun Landesherr bis Messelhausen im Jahre 1806 unter badische Landeshoheit kam.

 

Als Stephan von Zobel 1538 nach Messelhausen kam, nannte er sich „von Giebelstadt zu Darstadt und Messelhausen“. Er war vermählt mit Cordula Echter aus Mespelbrunn (bekanntes und sehr schönes Wasserschloss im Spessart), einer Schwester des bekannten Fürstbischofs Julius Echter von Würzburg, der auch den künstlerisch sehr wertvollen „Apostelaltar“ in der Pfarrkirche Sankt Burkhard in Messelhausen gestiftet hat (1956).

 

Viele Angehörige der Familie Zobel liegen in der an Kunstdenkmälern reich ausgestatteten Kirche begraben, die Stephan von Zobel im Jahr 1995 erbauen ließ.

 

Johann Franz von Zobel fand seine letzte Ruhestätte auf der linken Seite des Querschiffes unter einem schönen Epitaph. Er baute 1699 das von den Franzosen zerstörte Schloss wieder auf und stiftete infolge eines Gelübdes im Jahre 1717 den jetzigen Hochaltar der Kirche. Ab 1864 wurden die Zobel in ihrer Familiengruft im Friedhof beigesetzt.

 

Als erster wurde Edwin Friedrich Ludwig Georg Thomas Zobel - geboren 1796 in Kassel, gestorben 1864 in Messelhausen – in die neue Gruft hinabgesenkt. Er machte noch die Befreiungskriege gegen Napoleon mit. Von ihm und seiner Gemahlin Josephine Freiin von Speth-Zwiefalten auf Gammertingen stammt Wilhelm von Zobel.

 

Wilhelm von Zobel hatte 3 Söhne und 2 Töchter:

  • Maria Josepha Augusta von Zobel
    (1865 - gestorben u. begraben in Würzburg)

  • Baron Edwin von Zobel (1867 – 1951)

  • Baron Alfred von Zobel (1869 – 1954)

  • Baron Rudolf von Zobel (1871 – 1961)

  • Baronesse Maria Luise Auguste von Zobel (1877 – 1953)

 

Maria Josepha Augusta von Zobel vermählte sich mit einem königlich bayerischen Regierungsrat namens Ludwig Pummerer in Würzburg. Aus dieser Ehe stammt Irene Pummerer, gest. 1953, die viele Jahre bis zu ihrem Tod bei ihren –Verwandten hier wohnte.

 

Als letzter Spross aus dem alten Adelsgeschlecht der Zobel starb also Baron Rudolf, der lange in Bad Pyrmont lebte. Seine Frau, geborene Eichhorn, führte dort eine Pension.

 

Die Messelhäuser Linie ist mittlerweile ausgestorben. Verwandte bzw. Nachkommen aus dem Geschlecht der Zobel wohnen noch in den bayerischen Nachbarorten Giebelstadt und Darstadt.

 

Aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Verhältnisse und der fehlenden Nachkommenschaft sowie des verschwenderischen Lebenswandels kam es in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg zum Verkauf des Zobel’schen Besitztums in Messelhausen.

 

Zunächst erwarb die Zucker-AG Waghäusel (zwischen Heidelberg u. Karlsruhe) im Jahr 1923, dem Zeitpunkt der 1. Währungsreform in Deutschland, das Gut der Freiherren von Zobel in Sailtheim. Im selben Jahr nahm die Katholische Kirchenschaffnei Heidelberg die Messelhäuser Liegenschaften: Schloss, Hofgut und Wälder (u. a. „Jungholz, „Kirchholz“, „Löhlein“ etc.) auf Rentenbasis in Besitz.

 

Das besagt: Den drei noch hier lebenden Familienmitgliedern des Adelsgeschlechts Baron Edwin, Baron Alfred und Freiin Marie Luise von Zobel wurde bis an ihr Lebensende eine festgelegte Rente ausgezahlt. Aus diesen Gütern erwarb im Jahre 1932 die Deutsche Augustinerordensprovinz (Sitz in Würzburg) das Schloss mit Park und Obstgarten und gründete hier eine neue Ordensniederlassung.

 

In dem vor einigen Jahren grundlegend sanierten, geschmackvoll eingerichteten Haus werden heute diverse Veranstaltungen wie Seminare, Kurse, Exerzitien, Meditation usw. angeboten. Im Haus befinden sich zur Zeit vier Patres, ein Bruder und eine Ritaschwester die insgesamt sechs Pfarreien betreuen.

 

Ursprünglich gehörte das Schloss den Grafen von Hohenlohe, die hier einen Burgmann sitzen hatten! Vorher war es vermutlich Eigentum der Edelherren von Zimmern und Luden. Seinem militärischen Zweck entsprechend war das Schloss mit einem Wall und Wassergraben umgeben, durch eine Zugbrücke abgesperrt und mit Türmen bewährt. – Also ein Wasserschloss bzw. eine Wasserburg –

 

Das ursprüngliche Schloss stand da, wo sich jetzt im Pachthof die Brennerei und die Pächterwohnung befinden. Als nämlich 1896 hinter der Brennerei eine Wassergrube ausgehoben wurde, stieß man auf altes Gemäuer, das von diesem alten Schloss herrühren muss.

 

Das alte Schloss wurde im Bauernkrieg 1525 niedergebrannt. Nach diesem Krieg dürfte das Schloss an der gleichen Stelle wieder aufgebaut worden sein, da Martin Warter bei Umbauten des Treppenhauses auf einen Balken stieß, der die Jahreszahl 1541 trug. Ebenso fanden sich in der Mauer Schießscharten – innen breit und sich dann nach außen immer mehr verengend -.

 

Im Jahre 1688 wurde dieses zweite Schloss abermals, diesmal durch die Franzosen, zerstört (diese Zerstörung fällt zusammen mit der Vernichtung des Heidelberger Schlosses durch die Mordbrennerscharen des gefürchteten Mélac).

 

Im Jahre 1699 errichteten die Herrn von Zobel die heutige Pächterwohnung, die ihnen dann längere Zeit als Sitz diente. Aus Urkunden des herrschaftlichen Archivs wissen wird, dass der heutige Pachthof bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts mit einem See umgeben war, der sich von äusseren Hof durch den Schlossgarten hinzog. Der Eingang führte zu einer Zugbrücke die sich zwischen dem jetzigen Pfarrgarten und dem früheren Brunnen befand.

 

Im Jahre 1740 sah sich die Herrschaft veranlasst, das jetzige Schloss zu erbauen. Ausgeführt wurden zwischen den Jahren 1740 – 1744 der Hauptbau und der südlich davon stehende Nebenbau, in dem früher Baron Edwin wohnte. Aber dieser Hauptbau war kein glücklicher – das Mansardendach war schlecht konstruiert und viel zu schwer. Durch den Druck bekam das Mauerwerk bedenkliche Risse. Die Herrschaft wohnte vorübergehend in Würzburg und überliess das Schloss dem Verfall.

 

In den Jahren 1829 – 1832 beschloss Exdomherr Friedrich von Zobel das Gebäude aus eigenen Mitteln renovieren zu lassen. Das schwere Mansardendach wurde durch das jetzige, leichtere ersetzt und auch der obere Stock, der früher nicht ganz ausgebaut war, wurde vollendet. Den Weg nach Zimmern, der früher von der Adlerwirtschaft aus gerade nach Zimmern führte, verlegte man im Bogen nach rechts. Dadurch gewann man Raum für das frühere Gärtnerhaus in dem noch der letzte Gärtner Christian Einfalt wohnte. Ebenso gewann man Raum für Wagenremise und Pferdestall mit Kutscherwohnung.

 

Am 31. Mai 1832 zog die Herrschaft unter feierlichem Empfang durch ihre Beamten, den Pfarrer und die ganze Bürgschaft in das neue Schloss ein.

 

Das Schloss war nicht immer, aber doch sicherlich seit einigen Jahrhunderten mit einem Schlossgarten umgeben. Bei der Renovierung des Schlosses im Jahre 1829 wurde auch zugleich der verwahrloste Schlossgarten wieder instandgesetzt und mit fremdländischen Bäumen und Sträuchern, die man aus der Hofgärtnerein Würzburg bezog, bepflanzt. Der See wurde neu ausgehoben und die beiden Bassins mit Goldfischen und Springbrunnen neu angelegt.

 

Die heutige hohe Umfassungsmauer stammt aus dem Jahre 1840 – 1850. Die Wappenplatte über dem früheren „Brücklein“ trägt die Jahreszahl 1847. Der verfallene Turm „Dicke Turm“ in der Ecke gegen Zimmern wurde ausgebessert, die Reste eines ähnlichen Turmes an der Ecke gegen Kützbrunn jedoch abgebrochen. Das Schlossgut, d. h. der von der Herrschaft selbst bewirtschaftete Teil, liegt in den verschiedenen Fluren und Gewannen der Gemarkung verstreut.

 

Nach der Vermessung von 1895 umfasste das Gut 140 Hektar Bodenfläche von denen später Teile abgetrennt und verkauft wurden. Dies betrifft die Äcker „Kützbrunner Äcker“ zwischen der „Hofstetter Tanne“ und „Hofstetter Äcker“ vor der „Hofstetter Tanne“ sowie Äcker direkt am Wald hinter dem „Löhlein“. Die zum Gut gehörigen Ökonomiegebäude sind zwischen den Jahren 1830 und 1840 neu aufgeführt worden – zuerst an Stellen, wo schon früher gleichen Zwecken dienende Gebäude standen.

 

Der zum Zobel’schen Besitz gehörige, separat stehende Bau mit Speicher und großem Gewölbekeller (auch „Baukeller“ oder „Zobel’scher Weinkeller“ genannt) an der Straße nach Kützbrunn stammt aus dem 18. Jahrhundert und diente als Zehntgebäude. Das Hofgut wurde lange von der Herrschaft selbst unter Leitung eines Meiers oder Oberbauern bewirtschaftet und später wurde es in Zeitpacht gegeben.

 

Den Freiherrn von Zobel gehörte von jeher der gesamte Wald:

  • das „Kirchholz“ mit rund 15 Hektar

  • das „Löhlein“ mit 15 Hektar und

  • die „Hofstetter Tannen“ mit 14 Hektar

 

Die sogenannten „Elfmorgen“ waren früher ebenfalls Wald. Ein späteres Vorhaben, das ganze „Kirchhölzle“ als Ackerfeld anzulegen, kam nicht zur Ausführung.

 

In Marstadt besaß die Herrschaft selbst: das „Jungholz“ mit seinen rund 150 Hektar. Ohne die privaten Vorhölzer war es immer schon eine Haupteinnahmequelle der Grundherren gewesen. Der jetzige Marstadter See ist jüngeren Datums. Früher war ein See im Grund – der Gewannname „Im alten See“ weist nicht nur darauf hin, sondern er ist auch urkundlich in einem aus dem Jahre 1748 stammenden Aktenstück bezeugt. Schon im Jahre 1753 bestand er jedoch nicht mehr. Dafür kaufte die Herrschaft von den Marstadter Bauern Äcker und Wiesen ab und legte im Jahre 1860 den neuen See an. Früher waren es sogar zwei Seen, die durch den jetzigen hohen Damm voneinander getrennt wurden. Das Vorgelände der Wiesen war damals also auch überflutet. Die Fischerei betrieben die Freiherrn eine Zeit lang selbst. Viele Jahre hatte Hoffischermeister Eberlein aus Mergentheim den See in Pacht.

 

In Hofstetten besaß die Herrschaft den größten Teil der früheren Weinberge. Hinzu kam noch das bereits erwähnte Gut Sailtheim, das kurz vor der Inflation an die Zucker-AG verkauft wurde.

 

Als der Ökonomierat Spiess Pächter vom Hofgut Sailtheim war, hatte er an der alten Straße, die von Königshofen durch den Wald über Sailtheim führt, einen verdeckten Hochsitz stehen. Spiess war ein leidenschaftlicher Waidmann und er verbrachte manche Stunde in seinem herrlichen Jagdrevier. Eines Tages bezog er auch den obengenannten Hochsitz. Ein Bäuerlein kam gerade mit einem Regenschirm aus dem Wald, als ein stattlicher Rehbock auf den Kleeacker zog um zu äsen.

 

Der Bauer blieb stehen, betrachtete den Bock und legte mit dem Regenschirm auf ihn an, als wolle er das Tier schießen. „Bumms“ knallte es und der Rehbock sank zu Boden. Völlig verblüfft stand das Bäuerlein da und betrachtete den toten Bock und dann seinen Regenschirm. Da kam auch der Ökonomierat dazu und das Bäuerlein meinte: „Jetzt hab’ ich den Schirm schon zwei Jahre und hab’ nicht gewusst, dass er geladen ist!“ Spiess musste herzlich lachen, klopfte dem harmlosen Bäuerlein auf die Schulter und sagte: „Nein mein Lieber, den Bock habe ich geschossen, aber weil du so gut gezielt hast, dass der Regenschirm fast losgegangen wäre, darfst du im „Adler“ in Messelhausen ein Viertele trinken!“ Den Gefallen tat ihm unsere Regenschirmschütze dann auch mit Lust und Wonne.

 

Die grundherrliche Zobel’sche Verwaltung hatte ihren Sitz im sogenannten Rentamt, das im Jahre 1791 erbaut wurde (das Gebäude steht in der Ortsmitte). Dem Rentamtmann oder auch Vogt oblag die Aufgabe, die Gefälle einzuziehen und zu verrechnen und für die herrschaftlichen Güter und Gebäude zu sorgen. Um die Gemarkungsgrenzen sicher zu erhalten, musste der Beamte regelmäßige Kontrollgänge in Wald und Flur durchführen. Speziell für die Bewirtschaftung ihrer Waldungen sowie ihrer Jagden und Fischereien sorgte ein Revierförster. Er wohnte im jetzigen Haus von Robert Hornbach. In späterer Zeit dann war der Revierförster bzw. Revierleiter im ehemaligen Rentamt - später Forstamt - untergebracht. Als letzter Jäger wird 1865 Willibald Bechthold genannt.

 

Dieser letzte Zobel’sche Revierförster war ein Original – Junggeselle und mit Leib und Seele dem Wald und Wild verschrieben. Leiter litt er an einer Krankheit: er hatte immer Durst! Die Wilderei wurde stark betrieben und das Forstpersonal lebte in ständiger Fehde mit den ausgekochten Wilderern. Im Jahre 1822 erschoss dieser Willibald Bechthold den Wilderer Wendelin Popp aus Oesfeld. Dafür brummte er drei Jahre und wurde aber 1825 wieder aus der Haft entlassen, da Friedrich von Zobel sich mit allen Mitteln für eine Begnadigung eingesetzt hatte .

 

Die Besitzverhältnisse lassen deutlich erkennen, dass der Gemeinde Messelhausen sowie deren Bewohnern nur wenig Eigentum zur Verfügung stand. Es gab lediglich zwei große sowie mehrere kleine Bauernhöfe; daneben bestanden noch sogenannte 12 Söldnergütchen.

 

Die Menschen des Dorfes waren einst Untertanen der Freiherren von Zobel. Die Grundherrschaft sorgte zwar für den Schutz der Bevölkerung, für Recht und Ordnung jedoch wurde hierfür eine Gegenleistung verlangt – die Bevölkerung wurde zu Abgaben wie Zehnt, Pacht, Zins und Gült verpflichtet und ferner konnten sie sogar zu Frondiensten herangezogen werden.

 

Erwähnenswert scheint abschließend noch die Tatsache, dass im Herbst 1944, kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges, das Physikalische Institut der Universität Heidelberg nach Messelhausen in das Zobel’sche Schloss verlagert wurde.

 

Unter dem Decknamen „Weltpostinstitut“ getarnt, arbeitete eine Forschergruppe, mit Prof. Wesch an der Spitze, fieberhaft nach einer Isolierschicht (Umhäutung) der deutschen U-Boote, damit diese von den Alliierten nicht mehr geortet werden konnten. Bei den Wissenschaftlern befand sich kein geringerer als Prof. Philipp Lenard, Mitentdecker der Röntgenstrahlen und Nobelpreisträger für Physik (1905). Er fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Messelhausen.

 

Die Forschungsarbeiten im Zobel’schen Schloss sollen übrigens auch im Wehrmachtsbereich Erwähnung gefunden haben.

 

Messelhausen, im Dezember 2003 J. Lippert

 

An der südöstlichen Seite der Gemarkung Messelhausen, unmittelbar am Waldrand des Jungholzes, Distrikt „Goldgrube“, befindet sich das im Volksmund sogenannte „Dreiländereck“

 

An dieser Stelle (direkt an der Eckseite des Waldstückes von Karl-Heinz Walter) erinnert ein alter Grenzstein, auch „Dreimärker“ genannt, an die ehemals selbstständigen Länder:

  • Großherzogtum Baden -> Initialien: GB

  • Königreich Württemberg und -> Symbol: 3 Geweihstangen

  • Königreich Bayern -> Initialien: KB

 

Die oben erwähnten Initialien bzw. Symbole der jeweiligen Länder sind in den Stein eingemeißelt. Der Grenzstein ist im Laufe der Zeit leider mit Erde fast zugedeckt worden, so dass nur noch die Spitze des Steins aus dem Boden ragt.

 

Hier stoßen gleich mehrere Gemeindegrenzen aneinander:

  • von Nordosten das bayerische Oesfeld

  • südlich davon der ehemalige württembergische Weiler „Neubronn“ sowie

  • auf der gegenüberliegenden Himmelsrichtung die einst badischen Orte Oberbalbach und Messelhausen (beide gehörten früher zum Regierungsbezirk Nordbaden)

 

In der nahegelegenen kleinen Bauernsiedlung Bowiesen, einer einstmals württembergischen Enklave, gab es in früheren Zeiten eine gemütliche Gaststube (Anwesen „Sattelmann“) mit dem treffenden Namen „Dreiländerblick“.

 

Wie bereits erwähnt, liegt die „Drei-Länder-Grenze“ in unmittelbarer Nähe zum Jungholz, Distrikt „Goldgrube“.

 

Wie die Sage berichtet, wollte einst ein Bauer mit seinem Knecht in einem in der Nähe liegenden Steinbruch (dieser befand sich tatsächlich auf dem Gelände der militärischen Überwachungsstation) einen Schatz heben. Als beide nach mehrstündiger, mühsamer Arbeit - im Schweiße ihres Angesichts - auf eine mit Eisen beschlagene Kiste stießen, kam plötzlich ein Feuerreiter ohne Kopf angeritten und schrie „Vilchband steht in Flammen“. Sogleich polterte die vermeintliche Schatztruhe in die Tiefe und ward nicht mehr gesehen.

 

Im Heimatbuch von Oberlandesgerichtspräsident Dr. Johann Anton Zehnter aus Messelhausen ist vermerkt, dass bis zum Jahre 1835 (Gründung des deutschen Zollvereins) ein reger Schmuggel über die bayerische und württembergische Grenze – hauptsächlich Zucker und Salz – betrieben wurde. Ferner war im weitausgedehnten, ca. 150 ha großen „Jungholz“ die Wilderei stark im Gange.

 

Der seinerseits zuständige Revierförster Willibald Bechthold erschoss im Mai 1822 – sogar hier in der Nähe des Jungholzes – den Wilderer Wendelin Popp aus Oesfeld, den er von einem Anstand aus auf frischer Tat ertappt hatte.

Anmerkung „Was ist eine Schaffnei?“

 

 

 

Als am Mittwoch Revierleiter Richard Scholze verabschiedet wurde, sprach unter anderem auch Oberamtsrat Karl Weiss von der Pfälzischen Katholischen Kirchenschaffnei, die ihren Sitz in Heidelberg hat. Was aber ist das eigentlich - eine Schaffnei - ?

 

Ein Blick ins Lexikon half nicht weiter, denn darüber stand kein Wort in diesem schlauen Buch. Über allerlei Umwege war die Telefonnummer in Heidelberg zu erfahren und Karl Weiss erklärte den Begriff und die Aufgaben, die einer Schaffnei obliegen.

 

Diese Einrichtung gibt es nur noch im Erzbistum Freiburg. Sie ist vergleichbar mit dem Liegenschaftsamt einer Stadtverwaltung. Die Schaffnei verwaltet Güter, Felder und Wälder, die der Kirche gehören und kassiert die Pacht. Da ein Teil des Messelhäuser Waldes der Kirche gehört, wird er von der Schaffnei in Heidelberg mitverwaltet. Revierleiter Richard Scholze musste also alle Erträge aus dem Holz dorthin abführen.

 

Die Schaffnei ist ein eigenständiger kirchlicher Fonds, der mit seinen Einnahmen, nach festgelegten stiftungsmäßigen Aufgaben, den Bau und die Unterhaltung von Kirchen und Pfarrhäusern bezahlt. Sie untersteht dem erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg. Die Liegenschaften, die jetzt von der Schaffnei verwatet werden, sind kirchlicher Besitz aus früheren Zeiten der zusammen in einen Verwaltungstopf geworfen wurde und nun von der Pfälzischen Katholischen Kirchenschaffnei betreut wird.

 

Geführt wird dieses kirchliche Liegenschaftsamt von einem Schaffner, was nichts anderes heißt als Verwalter. Dass die Schaffnei in Messelhausen überhaupt Liegenschaften hat verdankt sie den Baronen von Zobel, die ihren Besitz 1925 an sie verkauften.

 

Gelände gibt die Schaffnei in der Regel nur im Tausch ab – es sei denn, man braucht es für öffentliche Zwecke. Bis 1972 war Richard Scholze, bevor er vom Staat übernommen wurde, im Dienst der Schaffnei tätig. Dafür, dass er die Wälder für die Schaffnei mitbetreute, musste diese einen bestimmten Betrag an den Staat abführen.

I. Messelhausen in Geschichte und Gegenwart

o. L. Göbel

 

Der Ort Messelhausen liegt auf dem fränkischen Hochland, das von Main und Tauber umschlossen wird, an der Ostgrenze des östlichen badischen Kreises Tauberbischofsheim. In unmittelbarer Nähe befindet sich die „Dreiländerecke“: Baden - Württemberg - Bayern.

 

Die heutige Gemeinde setzt sich - aus drei von einander getrennten, je in sich geschlossenen Siedlungsgruppen - zusammen:

  • aus dem Dorf Messelhausen

  • dem eine halbe Stunde westlich entfernten Weiler Hofstetten und

  • dem Hof Marstadt, der eine Viertelstunde südöstlich vom Dorfe liegt

 

Der Hauptort Messelhausen verbirgt sich anmutig in einer flachen Mulde, links und rechts vom Wald umsäumt. Die Siedlungen selbst schmiegen sich kranzförmig um den ca. 8 Hektar großen herrschaftlichen Park herum, aus dem zahlreiche mächtige Ahornbäume, Edeltannen, Linden, Kastanien und Akazien emporsteigen und das ziegelrote Dach des langgestreckten alten Schlossbaus gar freundlich hervorblickt. Allenthalben zwischen den Häusern drängen sich Gärten mit grünem Baumschmuck hindurch, alles überragt und beherrscht von der auf dem höchsten Punkt des Dorfes gelegenen stattlichen Kirche mit dem schlanken Schiederturm. Das Dorf selbst macht durch seine kreuzförmige, großzügige Anlage mit seinen dazwischen gestreuten Gärten einen sauberen und gepflegten Eindruck. Als Sommerfrische wird es zur Erholung von auswärtigen Gästen wohl geschätzt.

 

Bei Messelhausen beginnt der sogenannte Gau, ein äußerst fruchtbares Ackergebiet. Untere Keuperschicht, grünlich mit Letten und Mergel vermischt, verwitterter oberer Muschelkalk und starke Anflüge von Lehm und Löß ergeben einen fetten, ertragreichen Boden.

 

Das Klima ist etwas rauer als im nahen Taubergrund, die Vegetation und der Pflanzenwuchs durchweg 8 – 10 Tage hinter diesem zurück. Weizen, Gerste und Hafer gedeihen gleich gut und vorzüglich nicht minder verschiedene Kleearten sowie Kartoffel und Zuckerrüben.

 

Die Landschaft des mittleren Taubertales mit seinen Seitentälern als Ausläufern, zeigt die typischen Erscheinungsformen des Muschelkalkgebietes, flachfertiges Hügelland mit sanften Hängen und breiten Tälern. Nun weist aber Muschelkalt einwandfrei auf Meer hin. Vor Millionen Jahren gehörte der Taubergrund zu einer großen Senke, die von Schlesien bis zum Pariser Becken und zur Donau reichte. An schwachen Stellen brach das Weltmeer ein, überflutete diese Senke und bildete ein Binnenmeer von geringer Tiefe. Im Laufe von 30 – 40 Millionen Jahren setzten sich auf dem Grund dieses Wattenmeeres riesige Mengen von Kalkschlamm ab, die von den umliegenden Gebirgen, bes. von den Alpen, angeschwemmt wurden. Daneben haben sich auch noch die kalkhaltigen Schalen von unzähligen kleinen Wirbeltieren wie Muscheln, Armfüßler, Schnecken und Ammoniten abgesetzt und gesteinsbildend gewirkt. Zeugnis davon geben die vielen gefundenen Versteinerungen.

 

Ein weiterer erdgeschichtlicher Vorgang, der wesentlich später einsetzte, ist für unser Gebiet von ausschlaggebender Bedeutung: „Die Eiszeit(en)“

 

In vier Hauptstößen schoben sich in den letzten 700.000 Jahren ungeheure Gletschermassen von Schweden und Norwegen über die Ostsee bis weit in die norddeutsche Tiefebene hinein. Auch die Eiskappen der Alpen reichten bis auf die Höhe von München.

 

Auf diese vier Eiszeiten mit ihren Kältegipfeln folgten jeweils Zwischeneiszeiten mit hohen Wärmegraden. Unser Gebiet war während dieser ganzen Zeit eisfrei. Doch hat die Eiszeit auch in unserem Gebiet tiefe Spuren hinterlassen.

 

In den Zwischeneinszeiten, deren Durchschnittstemperatur 4 – 5 Grad höher lag als heute, setzte jeweils der Abschmelzprozess der mächtigen Eisdecke ein. Übrig blieben davon die Schuttmassen, welche verwitterten und sich in Gesteinstaub auflösten. Dieser Staub wurde von starken Winden aufgewirbelt.

Gewaltige Staubstürme haben das hellgelbe Gestein, das wir als Löß bezeichnen, über weite Strecken getragen und im Steppengras der Hochflächen sowie im Windschatten der Talhänge abgesetzt.

 

Nach den Anwehungen an den Nord- und Osthängen stammen die Lößablagerungen nicht von den norddeutschen Moränen, sondern müssen aus südwestlicher Richtung vom Westalpenvorland und der oberrheinischen Tiefebene über die Kraichgausenke in unser Gebiet getragen worden sein. In Messelhausen weist der Löß oft stellenweise eine Mächtigkeit von mehreren Metern auf. Mit dieser Ablagerung der Lößschicht erfährt die Oberflächengestalt unsere Landschaft ihre letzte Modellierung, denn an den Lößboden sind nur sehr geringe Veränderungen durch Erosion, d. h. durch Verwerfung und Abschwemmung, festzustellen.

 

Aus dem gelben Löß entstand nun später - als Verwitterungsprodukt - Lößlehm, der als Schwemmlöß hangab getragen wurde. So verdanken wir der Eiszeit unseren fruchtbaren Boden, der zugleich die Grundlage für die Anfänge des Ackerbaus und erster menschlicher Niederlassungen geschaffen hat. Für diese Besiedlung ist die Bodenbeschaffenheit von ausschlaggebender Bedeutung, besonders für die frühesten Siedler unserer Gegend mit ihren einfachen und primitiven Geräten.

 

So ist es nicht verwunderlich, dass sich in Messelhausen, sowie in den Nachbarorten mit gleichen Bodenverhältnissen, die ersten Bewohner unserer näheren und weiteren Heimat niederließen, da sie auf einem fruchtbaren und leicht zu bearbeitenden Boden angewiesen waren.

 

Was wissen wir von den ersten Bewohnern unserer Heimat?

 

Wann die aller ersten Siedlungen auf der Gemarkung von Messelhausen entstanden sind, ist in das Dunkel geschichtlicher Vergessenheit gehüllt. Keine Inschrift und kein Buch gibt uns Kunde davon, in keinem Lied wird es uns gesungen und doch wissen wir, dass vor der Entstehung der heutigen Siedlungen schon lange vorher andere Siedlungen bestanden haben. Den Beweis dafür liefern uns die überaus zahlreichen vorgeschichtlichen Funde und prähistorische Grabhügel im Jungholz.

 

Vor etwa 5.000 Jahren tauchten in unserer Gegend die ersten Menschen auf. Mit ihren Rindern, Schafen und Schweinen waren sie vom Osten her aufgebrochen, um neues Land zu suchen. Sie zogen mit ihrer Habe den Wasserläufen entlang und hielten Ausschau nach waldfreien Stellen mit fruchtbarem Lößlehm. Östlich der Tauber, im Gebiet von Messelhausen (Vilchband, Zimmern, Krensheim, Poppenhausen, Wittighausen) fanden sie geeignete Siedlungsplätze. Das Taubertal selbst und das Land links der Tauber mieden sie, da der Kalk- und Sandsteinboden schwieriger zu bearbeiten war.

 

Die ersten Bewohner unserer Heimat waren aber bereits Ackerbauern und Viehzüchter. An einer Astgabel hatten sie hackenförmige, durchbohrte Steine oder Teile eines Hirschgeweihes befestigt. Mit diesen einfachen Geräten bearbeiteten sie das Land. Später verwendeten sie schon eine Art Pflug. - Sie banden einen seitlich durchbohrten, etwa 35cm langen Stein der vorne spitz zulief, mit Riemen an einer passenden Astgabel fest und spannten die Rinder davor. -

 

Aus ihrer alten Heimat hatten sie verschiedene Getreidearten wie Hirse, Gerste und Weizen mitgebracht welche mit sichelartigen Steinmessern geerntet wurden. Auch Erbsen, Linsen und Bohnen bauten sie an.

 

Die Schafe weideten auf den Wiesen und die Eichenwälder lieferten, mit ihren zahlreichen Eicheln, für die Schweine ein gutes Mastfutter.

 

Wie wohnten nun diese Leute?

 

In Kreis- oder Langrundform – oval – rammten sie in gewissen Abständen Baumstämme in den Boden. Dann flochten sie Äste und Ruten zwischen diese Pfosten und so entstand eine feste Wand, die zur Abdichtung mit nassem Lehm beworfen wurde. Mit Stroh und Schilf deckten sie das Dach ab. In dieser einfachen aber geräumigen Hütte waren Gruben ausgehoben, in denen die Menschen wohnten oder schliefen. In jedem haus brannte zwischen Steinplatten ein Herdfeuer, dessen Rauch durch eine Öffnung am Dach abzog.

 

Über dem Feuer hing ein Tongefäß, in dem wohl häufig ein Erbsen- oder Linsengericht oder auch Hirsebrei zubereitet wurde. Gerne brieten sie aber auch ein Schaf, ein Reh oder einen Hirsch am Spieß.

 

Im Winter saß die Familie um das wärmende Feuer welches auch zugleich die einzige Beleuchtung in der dunklen Hütte bildete. Tierfelle schützten gegen die Kälte.

 

In der wärmeren Jahreszeit spielte sich das Leben mehr vor der Hütte ab. Hier saß dann wohl der Großvater und schlug von einem Stein kleine scharfe Splitter ab. Diese Splitter wurden dann als Messer benutzt. Auch aus Knochen und Geweihen stellte man allerlei Geräte, vor allem Pfeilspitzen, her.

 

Dort saß eine Frau beim Webstuhl und arbeitete an einem Wollgewand. Eine andere formte aus Lehm oder Ton dickbauchige Töpfe. Bevor diese hart gebrannt wurden, ritzte sie mit einem Stäbchen in den weichen Ton spiralförmige Doppellinien ein, die wie Bänder aussahen. Nach diesen Verzierungen nennen wir diese Menschen „Bandtöpfer“ nach ihrer ursprünglichen Heimat jedoch „Donauleute“.

 

Auf einen flachen Sandstein legten sie Weizenkörner und zerrieben sie mit einem kleinen Stein. Das war die primitive Mühle. Aus dem groben Mehl wurde ein Brei bereitet, der in dünnen Fladen auf einen erhitzten Stein gestrichen wurde. War dieser Brei knusprig durchgebacken, so war das Brot fertig. So führten diese Urbewohner, die sogenannten „Donauleute“, fast tausend Jahre lang ein friedliches Dasein als Bauern, Viehzüchter und Jäger.

 

Wie erschraken die Donauleute, die ihren Toten nie Waffen mit ins Grab gaben, als sie eines Tages hörten, dass von der Tauber herauf große, kühn aussehende Männer herauf zögen und diese steinerne Streitäxte in den Händen schwangen.

 

Da die besten Wohnplätze mit dem Lösboden bereits besetzt waren, ließen sich diese zweiten Landsucher „Streitaxtleute“ in dem noch unbesiedelten Taubertal mit seinen Seitentälern nieder ohne zunächst die Urbewohner zu beunruhigen.

 

An geeigneter Stelle brannten sie den Wald nieder (erste Rodung) und bearbeiteten den Kalkboden bereits mit einem hölzernen Hackepflug, denn sie hatten schon bessere Geräte. Ebenfalls führten sie schon größere Herden von Schafen, Rindern und Ziegen mit sich und erstmals tauchte auch das Pferd als Haustier auf.

 

Während die Donauleute noch mehr den Ackerbau betrieben, waren die Streitaxtleute vor allem Viehzüchter, Hirten und Jäger. Als diese sich stark genug fühlten, kam es zu den ersten Kriegszügen gegen die Urbewohner. Die Donauleute wurden unterworfen und mussten, während die neuen Herren „die Streitaxtleute“ des Landes die Herden auf die Weideplätze führten, als Knechte und Sklaven die Felder bestellen.

 

Wir wollen nun die einzelnen vorgeschichtlichen Funde, die auf unserer Gemarkung gemacht wurden, etwas näher untersuchen. Diese geben uns genau Auskunft über die Zeit der Besiedlung, die in einzelnen Wellen vor sich ging.

 

Bei bäuerlichen Arbeiten wurden rings um Messelhausen und Marstadt vorgeschichtliche Wohn- und Abfallgruben angeschnitten. Zu Tage traten viele Scherben von Tontöpfen, welche breite Bandmuster aufweisen. Diese stammen also von den frühesten Siedler (3000 – 1800 v. Chr.) den Bandkeramikern oder Donauleuten. Aus der gleichen Zeit wurden Steinbeile, Steinmesser, Mahlsteine, Knochen von Haustieren und Hüttenlehm – manchmal sogar mit genauen Abdrücken von Flechtwerk – gefunden. Einige von diesen dickwandigen Topfscherben weisen Griffwarzen oder Schnösen auf, an denen sie sehr wohl über dem Feuer aufgehängt waren.

 

 

II. Die Rössener (2000 – 1800 v. Chr.)

 

Im Jahre 1949 wurde bei Marstadt, auf den Äckern von Dertinger und Scheuermann, vom Landesdenkmalamt durch H. Dr. Dauber eine großangelegte Plangrabung durchgeführt. Dabei deckte man die Fläche von ca. 220 Quadratmetern (m²) systematisch Schicht für Schicht ab. Man entdeckte Scherben von Tontöpfen, die eine ganz andere Ziertechnik - nämlich variierte Stichverzierung, strichgefüllte Winkelbänder, Schrägschnittschraffur – aufwiesen, die bereits mit Stempel aufgedruckt waren.

 

Diese Bodenfunde beweisen also, dass noch zwischendurch ein anderes Volk vom Norden her in die Siedlungsräume der Donauleute eingewandert sein muss. Nach einem Fundort bei Rössen an der Saale nannte man diese Siedlerschicht die Rössener.

 

Das Fundinventar verzeichnet ferner – ein Rechteckbeil, Feuersteinklingen, eine dreieckige Pfeilspitze aus Feuerstein und viele Brocken von Rötel, welcher zum färben benutzt wurde.

 

Auf der Sohle einer Wohngrube, in ca. 80 cm Tiefe, wurden drei Feuerstellen mit geschwärzten Steinplatten freigelegt um die noch - neben Teilen eines Hirschgeweihes - Knochen von Haus- und Jagdtieren sowie Reste von Mahlzeiten lagen. An den Randzonen der Grubenwände konnten mehrere runde, dunkle Erdverfärbungen festgestellt werden, die von den früheren Pfostenlöchern herrührten. Man hatte also hier direkt den Bauplan eines Hauses entdeckt.

III. Schnurkeramiker (2000 – 1300 oder 1500 v. Chr.)

 

Bald nach den Rössenern wurde unser Gebiet von einer 3. Einwanderungswelle erreicht. Sie kamen aus dem Osten über Thüringen. Diese Siedler haben ihre Gefäße in bestimmten Abständen mit Schnüren verziert weshalb sie den Namen „Schnurkeramiker“ tragen.

 

Südlich des Marstadter Sees im Jungholz wurde 1903 ein Hügelgrab abgetragen welches Skelettreste von 4 Bestattungen und zwei Steinbeile mit diesen schnurähnlichen Verzierungen enthielt. Es ist bis jetzt der einzige und somit auch der älteste Grabhügel im Kreis, der solches Kulturgut barg.

 

Nach ihren hochentwickelten, durchbohrten Streitäxten, welche trapezförmig zugeschliffen sind, nennt man diese Leute „Streitaxtleute“.

IV. Michelsberger Kulturkreis (1200 – 800 v. Chr.)

 

Links des Weges zum Marstadter See und zwischen Seeweg und Jungholz fand man Reste weiterer Steinzeitsiedler, die - nach ihrem Fundort auf dem Michelsberg bei Bruchsal - die „Michelsberger“ genannt werden. Ihre Vorratstöpfe sind glockenbecherartig, meist ohne Verzierung. Sie fertigten eigenartige Dreiecksbeile an und man bringt diese Menschen mit der Erbauern der Pfahlbauten am Bodensee in Verbindung. Sie sind aus dem Westen über die Maas und die oberrheinische Tiefebene gekommen und haben sich nach Osten bis Böhmen ausgebreitet. Damit ging die Steinzeit zu Ende.

Die Hügelgräber der Hallstadtzeit (800 – 450 v. Chr.)

 

In der Folgezeit kamen die Menschen unserer Gegend mit Händlern aus Süddeutschland in Berührung. Sie tauschten vor allem gerne Schmuckgegenstände wie Nadeln, Spangen, Broschen aber auch Messer und Äxte aus Bronze und sogar schon aus Eisen gegen Tierfelle, Flachs, Hanf, Wolle, Honig, Fleisch und Getreide ein. Allmählich verstanden auch hier die Siedler, eingehandeltes Kupfer und Zinn zu Bronze zu erarbeiten. Die Mischung bestand aus 9 Teilen Kupfer und 1 Teil Zinn.

 

Unsere Hügelgräber oder Hünengräber sind – mit Ausnahme des geöffneten Grabes - dieser Hallstattzeit zuzurechnen. Man nennt diese Epoche nach dem bekannten Fundort Hallstatt im Salzkammergut.

Prof. Wahle aus Heidelberg hat im badischen Frankenland über 200 Hünen- oder Hügelgräber gezählt. Wir finden sie auch im Hüttenberg (Vilchband), im Büttharder Wald, im Mosigwald bei Tauberbischofsheim und allein 32 im Ahornwald. Es handelt sich durchweg um größere Hügel, die bis zu 10 m lang und 3 m breit sind. Man nimmt an, dass anfangs nur die Vornehmsten, die Fürsten der Großfamilien, dort begraben wurden. Bei Simmringen (Bad Mergentheim) enthielt ein solches Hünengrab nämlich Reiter, Ross und Wagen. Später dienten die Hünengräber als Grabstätten für die ganze Sippe.

 

Es mag auffallen, dass all diese Hügelgräber der Hallstattzeit im Wald anzutreffen sind – das ist aberganz einfach zu erklären. Unsere Vorfahren, besonders die alten Germanen verehrten viele Götter, die ihrer Meinung nach in den Wäldern wohnten. Bereits die Griechen kannten den heiligen Hain. Deshalb bestatten sie ihre Toten in Hügel, die sie in den Wald verlegten, damit sie nahe bei den Göttern seien. Diese Menschen glaubten sogar an ein Vorleben nach dem Tode. Deshalb gaben sie den Verstorbenen irdene Gefäße mit Buchweizen und Hirse mit und legten ihnen ebenso Waffen und Schmuck bei. Die Zahl dieser Gräber beträgt insgesamt sechs, davon drei allein am Neubronner Weg.

 

Ich gab ganz bewusst diese längere, vorgeschichtliche Erklärung der Besiedlung unserer Gegend, da sie in so lückenloser Folge vom Jahre 3000 v. Chr. Bis zu Beginn der christlichen Zeitrechnung wohl kaum – oder doch nur ganz selten – irgendwo anzutreffen ist. Ich will das Bild abrunden und zeige nun in einer ganz kurzen Zusammenfassung die Fundstätten auf, die Herr Lutz in mühevoller, jahrelanger Kleinarbeit zusammengetragen hat.

 

Es muss einmal hier in aller Öffentlichkeit gesagt werden, dieser „Scherbendoktor“ war der Handlanger für die wissenschaftliche Auswertung auf unseren Universitäten in Heidelberg und Freiburg sowie beim Landesdenkmalamt in Karlsruhe.

 

 

Vorgeschichtliche Stellen auf unserer Gemarkung

 

  1. Östlich von Messelhausen – 1. Distrikt – I Jungholz Abt. 4
    Grenze zwischen Messelhausen und Oberbalbach;
    2 Hügelgräber aus der jüngeren Hallstattzeit
     

  2. Östlich von Messelhausen – 2. Distrikt – I Jungholz Abt. 3
    Grenze zwischen Jungholz und Pfarrwald Oberbalbach;
    1 Hünengrab – 1903 geöffnet
     

  3. Im Jungholz Nordostecke Abt. 14; Steinzeitwohnstellen aus der älteren Donaukultur
     

  4. Südostecke des Marstadter Sees; Steinzeitwohnstätten der älteren Donauleute
     

  5. Acker von Anton Rothebucher am Weg zum Marstadter See;
    3 Kulturschichten über und nebeneinander gelagert;
    älteste Donauleute, Rössener, Michelsberger
     

  6. Sämtliche Äcker zwischen Seeweg und Jungholz direkt am Weg;
    Äcker von Hans Dertinger, Scheuermann Anton usw.;
    Große Ausgrabung von 1949 – Rössener u. Michelsberger Funde
     

  7. Acker von H. Dertinger westlich der Straße;
    Donauleute u. Hallstattzeit
     

  8. Fortsetzung bis an die Deubacher Straße;
    Donauleute und Hallstattzeit
     

  9. Südöstlich von Messelhausen;
    Rechts u. links der Straße nach Vilchband an der Froschgrube, Acker von Hornberger und gegenüberliegende Äcker;
    Donauleute und spätere Hallstattzeit
     

  10. Westlich von Messelhausen;
    die Brechofenäcker, bes. der Acker von Ludwig Hofmann mit dem Baumstück – aber auch noch der Acker von Josef Dertinger;
    älteste Donauleute und Rössener Kultur
     

  11. An der Ecke Schlossgarten – Str. nach Kützbrunn; der Schaffnei-Acker von Martin Warter;
    älteste Donaukultur u. Hallstattzeit

 

Auf diese letzte Stelle machte ich H. Lutz aufmerksam und wir fanden direkt auf der schwarzen Erdoberfläche zahlreiche Scherben aus der Donaukultur. Damit sind aber noch nicht alle Stellen erfasst.

 

Wegen der schwarzen Erdschicht müssen noch 3 weitere Siedlungsgebiete in diesem Bereich liegen.

  • auf dem Brünnlesacker von Alfons Wörner – ganz vorne am Weg

  • ferner im Grund unterhalb des getauschten Ackers von Hans Dertinger mit Martin Warter

  • ganz sicher auch auf dem Dreiecksacker von Franz Liebenstein an der Oberbalbacher Straße


 

In der folgenden Germanen- und Römerzeit scheint unsere Gemarkung nur dünn besiedelt gewesen zu sein denn Funde wurden keine gemacht. Nach den Kelten wanderten die ihnen verwandten Germanen ein. Der Limes-Grenzwall, diese großartige Verschanzung schirmte das von den Römern eroberte Tehntland gegen die nördlich und östlich wohnenden Germanen ab. Der Limes verlief ja von Regensburg über Osterburken, Miltenberg bis nördlich Koblenz. Die Taubergegend aber lag im freien Germanien.

 

Seit Anfang des 3. Jahrhunderts setzte die große Völkerwanderung ein, die ja von dem kriegerischen Hunnenvolk ausgelöst wurde. Und da waren es hauptsächlich die Alemannen, die durch Einfälle und friedliche Einwanderung die Gegenenden um Tauber und Main zum Schmelztiegel verschiedener Volksstämme machten. Später mussten die Alemannen den Franken weichen. Sie setzten sich in die alten Alemannenhöfe und wuchsen mit den zurückgebliebenen thüringischen und alemannischen Gemeinden in Sitten, Gebräuchen und Gesetzen zu einem Stamm zusammen. Der Main wurde ein fränkischer Fluss, dessen Mittelpunkt Würzburg war.

 

Der Ort Messelhausen mit Marstadt und Hofstetten ist wohl erst in der Frankenzeit neu angelegt worden. Die vergleichende Sprachwissenschaft (Sprachenthymologie) hat einwandfrei den Nachweis erbracht, dass Ortsnamen mit den Endungen:

 

-hausen, -heim, -hofen, -feld, -tal, -brunn usw.

 

typisch fränkischen Ursprungs sind und auf das 7. bis 10. Jahrhundert zurückgehen währenddessen die Endung „-stadt“ – noch früher in der Zeit der fränkischen Landnahmen- aus dem 6. Jahrhundert stammt. Lichter wird die Vergangenheit erst seit der Zeit, wo die Urkunden zu reden beginnen.

 

Der Name des Dorfes Messelhausen erscheint erstmals in einer Urkunde von 1378 als Messelhusen und 1380 als Mystilhusen.

 

Es ist gebildet durch Zusammensetzung des Eigennamens „Massilo“ mit dem Wort „hausen“ und bezeichnet also den Ort, wo die Leute des Massilo hausen und das Haus des Massilo steht. Dieser fränkische Führer oder Edle war wohl der erste Ansiedler – wahrscheinlich der Erbauer des Schlosses – da in den ältesten Urkunden nur vom Schloss und einigen Eigenleuten die Rede ist.

 

Weniger sicher ist die Erklärung des Namens Marstadt. Der Hof Marstadt wird bereits im Jahre 1058 urkundlich als Morstadt erwähnt. In diesem Jahr hat Kaiser Heinrich (IV -?) den Hof seinem Diener Ruppert zu eigen gegeben. (Urkunde Text). – Auch in der Folgezeit ist die Schreibweise stets Morstatt (mit dt oder tt) – aber niemals Marstadt.

 

Marstadt ist eine Form, die erst in den letzten Jahrhunderten erscheint denn im Volksmund lautet der Name heute noch „Morscht“ was wahrscheinlich bedeutet: Siedlung oder Stätte am Moor.

 

Hofstetten findet erstmals Erwähnung im Jahre 1232 als Villa Hovestetten und 1415 als Hofesteden und bezeichnet einfach die Hofstätten - die Stätte bzw. den Platz an dem die Höfe stehen. Im Volksmund sagt man immer noch „Hüffsteite“.

 

Im weiteren Verlauf unserer Geschichte von Messelhausen müssen wir uns nun mit den Besitzern, den Grundherrschaften - insbesondere mit den Freiherren von Zobel, mit der Grundbesitzverteilung und der Grundhörigkeit befassen.

 

Bei den Germanen gab es zwar schon in ältester Zeit auch vornehme, edle Geschlechter, die sich durch Ansehen und großen Grundbesitz auszeichneten jedoch ließen sie ihre Güter durch Sklaven betreuen, die meist aus Kriegsgefangenen besiegter Volksstämme hervorgegangen waren.

 

 

Die übrigen Volksgenossen aber waren - wie die Adeligen - persönlich und dinglich frei. Sie nahmen an der Volksversammlung uns als Schöffen in Gerichten teil und dienten im Heer. Als im 8. – 10. Jahrhundert die Reiterdienste aufkamen, suchten sich die Bauern dieser Last zu entledigen indem sie ihren Besitz den Adeligen übertrugen. Diese übernahmen für sie die Herrschaftspflicht und sicherten ihnen auch sonstigen Schutz zu. Sie nahmen ihren früheren Besitz als Lehen von Adeligen wieder in Besitz und mussten dafür gewisse Abgaben entrichten.

 

Sehr häufig trat auch der Fall ein, dass ein großer Grundherr - Graf, Bischof oder Abt - Teile seines Grundbesitzes zu erblicher Nutzung gegen Übernahme von Abgaben und Diensten übergab. So war also im 10. Jahrhundert der freie Bauernstand allen halben in Deutschland verschwunden.

 

Grund und Boden gehörten durchweg einem großen Grundherrn. Bald warf man diese Lehenleute in einen Topf mit den alten Unfreien (Sklaven). Sie saßen als Knechte auf den Gütern und man behandelte sie als persönlich unfrei – ja leibeigen. Sie waren, streng genommen, gänzlich rechtlos. Ohne Zustimmung ihres Herrn durften sie nicht mehr von den Gütern weichen, durften ohne dessen Genehmigung nicht heiraten und erwarben eigentlich - alles dem Rechte nach - für Ihren Herrn.

 

Im 15. u. 16. Jahrhundert verlor der Reiterdienst = Ritterstadt infolge der Erfindung des Schießpulvers und der Ausbildung von angeworbenen Landknechten seine Bedeutung und da besannen sich die Bauern wieder ihrer alten Freiheit. Im Bauernkrieg verlangten sie die Abschaffung der Abgaben und die Aufhebung der Leibeigenschaft, allerdings war dieses Bemühen vergebens. Im 30-jähringen Krieg, als die Bevölkerung auf ein Drittel herabgesunken war, erleichterte man die Bauern. Erst die Französische Revolution bereitete den Boden vor, dass in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert die Bauern wieder freie Eigentümer ihres Grundbesitzes wurden.

 

So unterstand auch hier in Messelhausen das ganze Mittelalter hindurch bis in das 19. Jahrhundert hinein der Grund und Boden einer oder mehrerer Herrschaften, in deren Leibeigenschaft oder Grundhörigkeit die Einwohner standen. Die ältesten Nachrichten, die uns in dieser Beziehung Nachricht geben, betreffen den Hof Marstadt. Danach war dieser Hof bis in die Mitte des 11. Jahrhundert ein mit Eigenleuten besetztes kaiserliches Gut, das wahrscheinlich zur Krondomäne Königshofen gehörte. Unterm 12. Juni 1058 übergab Kaiser Heinrich als Anerkennung für seine Verdienste den Hof jenem Ruppert als Eigentum. 200 Jahre später hatten die Herren von Oberbalbach den Hof Marstadt und Ende des 14. Jahrhundert gehörte er dem ritterlichen Geschlecht der Mertein oder Martin von Mergentheim.

 

Um jene Zeit waren die Mertein auch bereits im Besitz von Schloss und Dorf Messelhausen. Vermutlich gehörte Messelhausen zuerst den Edelherren von Zimmern und Lauda oder Luden, deren Burg in Zimmern bei der Abzweigung der Straße Messelhausen - Vilchband stand. Schon 1207 gingen Schloss und Ort an den Grafen von Hohenlohe über. Jene obererwähnte Mertein verkauften dann 1401 Schloss und Dorf Messelhausen und den Weiler Marstadt an die Stadt Rothenburg für 1430 Gulden. Seitdem sind die Geschichten von Marstadt und Messelhausen miteinander verbunden.

 

Indessen scheint die Stadt an ihrem Messelhäuser Besitz nicht lange Gefallen gefunden zu haben. Über die Herren von Tottenheim und die von Thüngen kam Messelhausen im Jahre 1530 an Christoph Zobel von Giebelstadt zu Guttenberg. Aber schon 1538 starb Christoph von Zobel – und seine zum 2. mal verwitwete Frau, Dorothea von Tottenheim verkaufte nun, im Einverständnis mit dem Domherrn Melchior Zobel zu Würzburg, Dorf, Schloss und Hof Marstadt an ihren lieben Verwandten Stephan Zobel von Giebelstadt zu Darstadt im Jahre 1538. Inzwischen hatten die Herren von Zobel auch den 3. Gemarkungsteil Hofstetten erworben. Der Hof war vorher Eigentum der Bischöfe von Würzburg, von denen ihn die Zobel zu Lehen trugen. Die Familie Zobel war nun Landesherr bis Messelhausen im Jahre ........... (hierzu ist erforderlich, die letzte Zeile v. Seite 10 zu erahnen!!)

 

Die Freiherren von Zobel

 

Da die Freiherrn von Zobel über 450 Jahre hier lebten, die Geschichte und die Geschicke von Messelhausen eng mit diesem Adelsgeschlecht verbunden sind, müssen wir in ganz großen Zügen auf ihre Familiengeschichte eingehen.

 

Die Zobel gehören zu den ältesten Rittergeschlechtern von Franken. Bereits 948 werden ihre Namen in alten, vergilbten Turnier- und Adelsbüchern genannt. Ihr ältester Besitz ist nicht Giebelstadt, sondern Grinisfeldt (Grünsfeld) und Guttenberg. Beim Herzog von Franken hatten sie einst höchste Hofämter inne. Einige Bischöfe und Prälaten gingen aus den beiden Linien hervor.

 

Als Stephan Zobel 1538 nach Messelhausen kann, nannte er sich von Giebelstadt zu Darstadt und Messelhausen. Er war Rat und Amtmann zu Arnstein und vermählt mit Cordula Echter von Mespelbrunn, einer Schwester des bekannten Fürstbischofs Julius Echter von Würzburg. Von diesem wurde auch im Jahre 1596 unsere künstlerisch, wertvoller Altar gestiftet.

 

Viele Angehörige der Familie Zobel liegen in unserer Kirche, die Stephan Zobel 1595 erbauen ließ, selbst begraben. Johann Franz von Zobel fand seine letzte Ruhestätte auf der linken Seite des Querschiffs unter einem schönen Epitaph. Er baute 1699 das von den Franzosen zerstörte Schloss wieder auf und stiftete infolge eines Gelübdes den jetzigen Hochaltar der Kirche. Ab 1864 wurden die Zobel in ihrer Familiengruft in Friedhof beigesetzt.

 

Als erster wurde Erwin Friedrich Ludwig Georg Thomas Zobel (geb. 1796 in Kassel, gestorben 1864 in Messelhausen) in die neue Gruft hinabgesenkt. Er machte die Befreiungskriege gegen Napoleon mit. Von ihm und seiner Gemahlin Josephine Freiin von Speth-Zwiefalten auf Gammertingen stammt Wilhelm von Zobel. Die Kinder dieses Wilhelm von Zobel stehen bei den meisten älteren Messelhäusern noch in guter Erinnerung und ihr Bild schwebt uns noch vor Augen. Es sind dies 3 Söhne und 2 Töchter:

 

  • Maria Josepha Augusta von Zobel (geb. 1865)
    Sie vermählte sich mit einem königlich bayerischen Regierungsrat namens Ludwig Pummerer in Würzburg (Maria starb in Würzburg und wurde auch dort begraben)

  • Baron Edwin von Zobel (1867 – 1951)

  • Baron Alfred von Zobel (1869 – 1954)

  • Baron Rudolf von Zobel (1871 – 1961)

  • Baronesse Maria Luise Auguste von Zobel (1877 – 1953)

 

Aus der Ehe der Maria Josepha Augusta von Zobel mit Ludwig Pummerer stammt Irene Pummerer die viele Jahre bis zu ihrem Tod (gest. 1953) hier bei ihren Verwandten wohnte.

 

Als letzter Spross aus dem alten Adelsgeschlecht der Zobel starb also Baron Rudolf, der lange in Bad Pyrmont lebte. Seine Frau, geborene Eichhorn, führt dort noch eine Pension.

 

Die Messelhäuser Linie ist schon ausgestorben. Die Darstadter Linie wird fortgesetzt durch Baron Stephan von Zobel, der ein Sohn des Baron Heinrich von Zobel ist.

 

In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg kam es zum Verkauf des Zobel’schen Besitztums in Messelhausen. Die katholische Kirchenschaffnei Freiburg kaufte die Messelhäuser Liegenschaften (Wälder, Hofgut uns Schloss) auf. Aus diesen Gütern erwarb 1932 die Deutsche Augustinerordensprovinz das Schloss mit Park und Obstgarten und gründete eine neue Ordensniederlassung. Das Haus ist geschmackvoll eingerichtet und für Exerzitien, Tagungen und Erholung gut geeignet.

 

 

Die Patres des Klosters versehen unsere eigene Pfarrei und betreuen die Nachbarpfarreien Vilchband, Kützbrunn und Deubach mit. Das Dorf Messelhausen zeigt in seiner Geschichte das ausgeprägte Bild einer grundherrlichen, herrschaftlichen Siedlung. Seinen Mittelpunkt bildet das Schloss. In Eigentum und unmittelbaren Genuss der Grundherrschaft standen von jeher das Schloss, das Schlossgut und die Wälder.

 

Gehen wir zunächst auf das Schloss näher ein.

 

Ursprünglich gehörte das Schloss den Grafen von Hohenlohe, die hier einen Burgmann sitzen hatten. Vorher war es vermutlich Eigentum der Edelherren von Zimmern und Luden. Seinem militärischen Zweck entsprechend war das Schloss mit einem Wall und Wassergraben umgeben, durch eine Zugbrücke abgesperrt und mit Türmen bewehrt. Demnach war es also ein Wasserschloss oder eine Wasserburg. Das ursprüngliche Schloss stand da, wo sich jetzt im Pachthof die Brennerei und die Pächterwohnung befinden.

 

Zu dieser Erkenntnis kam man, als nämlich im Jahre 1896 hinter der Brennerei eine Wassergrube ausgehoben wurde. Man stieß auf altes Gemäuer, das von diesem alten Schloss herrühren muss. Das alte Schloss wurde im Bauernkrieg 1525 niedergebrannt und dürfte nach dem Krieg wieder an der gleichen Stelle aufgebaut worden sein, denn bei Umbauarbeiten des Treppenhauses stieß Martin Warter auf einen Balken, der die Jahreszahl 1541 trug. Ebenso fanden sich in der Mauer Schießscharten, die innen breit und sich dann nach außen hin immer mehr verengten. Im Jahre 1688 wurde dieses zweite Schloss abermals zerstört und zwar diesmal durch die Franzosen. Seine Zerstörung fällt zusammen mit der Vernichtung des Heidelberger Schlosses durch die Mordbrennerscharen des gefürchteten Mélac.

 

1699 errichteten die Herrn von Zobel die heutige Pächterwohnung, die ihnen dann längere Zeit als Sitz diente. Aus Urkunden des herrschaftlichen Archivs wissen wir, dass der heutige Pachthof bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts mit einem See umgeben war, der sich vom äußeren Hof durch den Schlossgarten hinzog. Der Eingang führte zu einer Zugbrücke, die sich zwischen dem jetzigen Pfarrgarten und dem früheren Brunnen befand. Durch den Torweg gelangte man in den inneren Hof.

 

Im Jahre 1740 sah sich die Herrschaft veranlasst, das jetzige Schloss zu erbauen. Ausgeführt wurden zwischen 1740 – 1744 der Hauptbau und der südlich davon stehende Nebenbau in dem früher Baron Edwin wohnte. Aber dieser Hauptbau war kein glücklicher denn das Mansardendach war schlecht konstruiert und viel zu schwer und dadurch bekam das Mauerwerk durch den Druck bedenkliche Risse. Darauf hin wohnte die Herrschaft vorübergehend in Würzburg und überließ das Schloss dem Verfall.

 

In den Jahren 1829 – 1832 beschloss Exdomherr Friedrich von Zobel, das Gebäude aus eigenen Mitteln renovieren zu lassen. Das schwere Mansardendach wurde durch das jetzige leichtere ersetzt und auch der obere Stock, der früher nicht ganz ausgebaut war, wurde vollendet.

 

Den Weg nach Zimmern, der früher von der Adlerwirtschaft aus gerade nach Zimmern führte, verlegte man im Bogen nach rechts. Dadurch gewann man Raum für das frühere Gärtnerhaus in dem noch der letzte Gärtner Christian Einfalt wohnte. Ebenso gewann man Raum für Wagenremise und Pferdestall mit Kutscherwohnung. Am 31. Mai 1832 zog die Herrschaft unter feierlichem Empfang durch ihre Beamten, den Pfarrer und der ganzen Bürgerschaft in das neue Schloss ein.

 

Das Schloss war nicht immer, aber doch sicherlich seit einigen Jahrhunderten mit einem Schlossgarten umgeben. Bei der Renovierung des Schlosses 1829 wurde auch zugleich der verwahrloste Schlossgarten wieder instandgesetzt. Man pflanzte fremdländische Bäume und Sträucher, die man aus der Hofgärtnerein Würzburg bezog. Ebenfalls wurde der See neu ausgehoben und die beiden Bassins mit Goldfischen und Springbrunnen angelegt.

 

Die heutige hohe Umfassungsmauer stammt aus dem Jahre 1840 – 1850. Die Wappenplatte über dem früheren Brücklein trägt die Jahreszahl 1847. Der verfallene Turm in der Ecke gegen Zimmern - der dicke Turm - wurde ausgebessert jedoch die Reste eines ähnlichen Turmes dagegen - an der Ecke gegen Kützbrunn - abgebrochen.

 

Das Schlossgut, d. h. der von der Herrschaft selbst bewirtete Teil liegt in den verschiedenen Fluren und Gewannen der Gemarkung zerstreut. Nach der Vermessung von 1895 umfasste das Gut 140 Hektar Bodenfläche. Davon wurden später Teile - so die Äcker zwischen Tanne (Kützbrunner Äcker), vor der Tanne (Hofstetter Äcker) und ebenso Äcker direkt am Wald hinter „Löhlein“ - abgetreten und verkauft.

 

Die zum Gut gehörigen Ökonomiegebäude sind zwischen 1830 und 1840 neu aufgeführt worden und zwar zuerst an Stellen, an denen schon früher Gebäude standen, die den gleichen Zwecken dienten. Der dazu gehörige, separat stehende Bau mit Speicher und Keller an der Straße nach Hofstetten stammt aus früherer Zeit und diente als Zehntgebäude. Das Hofgut wurde lange von der Herrschaft selbst, unter Leitung eines Meiers oder Oberbauern, bewirtschaftet und wurde später in Zeitpacht gegeben.

 

Den Freiherrn von Zobel gehörte von jeher der gesamte Wald:

  • das Kirchholz mit rund 15 Hektar

  • das Löhlein mit 25 Hektar

  • die Hofstetter Tannen mit 14 Hektar

Die sogenannten „Elfmorgen“ waren früher ebenfalls Wald. Ein späteres Vorhaben, das ganze „Kirchhölzle“ als Ackerfeld anzulegen, kam nicht zur Ausführung.

 

In Marstadt besaß die Herrschaft selbst: - das Jungholz mit seinen rund 150 Hektar. Ohne die privaten Vorhölzer war es immer schon eine Haupteinnahmequelle der Grundherren gewesen. Der jetzige Marstadter See ist jüngeren Datums. Früher war ein See im Grund – der Gewannname „im alten See“ weist nicht nur darauf hin, sondern er ist auch urkundlich in einem Aktenstück von 1748 bezeugt. Schon 1753 bestand er nicht mehr.

 

Dafür kaufte die Herrschaft von den Marstadter Bauern Äcker und Wiesen ab und legte 1860 den neuen See an. Früher waren es sogar zwei Seen welche durch den jetzigen hohen Damm von einander getrennt wurden. Das Vorgelände der Wiesen war damals also auch überflutet. Die Fischerei betrieben die Freiherren eine Zeit lang selbst – viele Jahre hatte Hoffischermeister Eberlein aus Mergentheim den See in Pacht.

 

In Hofstetten besaß die Herrschaft selbst den größten Teil der früheren Weinberge und das Gut Sailtheim welches dann kurz vor der Inflation an die Zucker-AG verkauft wurde.

 

Was hatten nun die Dorfleute an Grund und Boden in Besitz?

 

In frühester Zeit bestanden in Messelhausen zwei große Bauernhöfe - hiervon gehörte einer einem gewissen Lesch und der andere einem gewissen Senft. Jeder Hof umfasste rund 210 Morgen Feld und 6 – 7 Morgen Wiesen. Sie konnten anfangs nur ungeteilt vererbt werden - waren also „eingefangen“. Im Laufe der Zeit wurden sie dann zerschlagen und aufgegliedert. Zu den ältesten Höfen zählte das heute noch vorhandene Öchsnersche Häuschen (jetzt Blau’s Häuschen) das dem früheren Bürgermeister Josef Dertinger überging.

 

Die alte Scheune stand da, wo heute die Scheuen von Josef Dertinger neu aufgerichtet wurde. Als zweiter Bauernhof gingen bis 1908, durch öfteren Wechsel, die Äcker an Martin Michel über. Josef Wörner kaufte das anwesen 1908 und Alfons Wörner sitzt heute auf diesem Anwesen. Durch Aufteilung war die Zahl schließlich auf 5 Höfe gewachsen. Als Eigentümer erscheinen: Peter Wundling – später Philipp Wundling (Blau’s Haus), Simon Schies und Anton Zehnter aus Marstadt.

 

Daneben gab es in Messelhausen 12 Söldnergütchen, die durchschnittlich 25 – 30 Ortmorgen groß waren. Diese gingen durch Vererbung im Laufe der Jahrhunderte und späteren Ankauf und Neuerwerb über auf:

Jakob Zehnter (Schorsch) - Anton Zehnter an der Kirche - Johann Wirsching - Samuel Stein - Stephan Stemmler - Horberger - Döhling/Sack - Lazarus Stein (Junior) - Franz Wirsching (Hause) und Peter Hofmann

 

Wie waren die Verhältnisse in Marstadt?

 

Auch hier bestanden in frühester Zeit 2 Bauernhöfe, die einem Mathes Mitnacht und Mathes Lang gehörten. Man bezeichnete die Höfe nach ihrer Lage als den „Vorderen“ und den „Hinteren“ Hof.

 

Zum vorderen Hof zählten die Güter, die später im wesentlichen Eigentum der Bauern: Landwehr, Wehr und Anton Zehnter waren und zum hinteren Hof zählten die Güter der späteren Bauern: Martin Zehnter und Gramlich.

 

Ende des 18. Jahrhundert waren die Höfe auf fünf angewachsen. Eigentümer waren: Gramlich, Trunk, Kimmelmann, Deppisch und Georg Zehnter (ist der Urgroßvater des Landgerichtspräsidenten Dr. Joh. Anton Zehnter). Zu den Marstadter Höfen gehörten von jeher das halbe „Dachhölzle“ und die kleinen Vorhölzer am Jungholz. Der Hof Gramlich verblieb bis auf den heutigen Tag in dessen Familie und wird von Bürgermeister Hans Dertinger bewirtschaftet. Der Hof des Trunk ging auf Kimmelmann und dann anschießend auf Martin Zehnter über. Jetzt sitzt dort Simon Zehnter. Der Hof des Deppisch kam zum Eigentum Wehr. Der Hof des Georg Zehnter ging auf Anton Zehnter über und wird heute von Anton Rothenbucher bewirtschaftet.

 

In den ersten Kaufverträgen von 1560 erscheint Hofstetten als ein Hof. Um 1600 treffen wir bereits zwei Höfe an. Als Besitzer werden Jakob Endres und Hans Vogel genannt. Der eine Hof umfasst 100 Morgen und der andre 150 Morgen Feld. Im 30-jährigen Krieg sind die Hofstätten völlig zerstört worden und die Güter blieben längere Zeit herrenlos. Die erste Ansiedlung die später wieder erfolgte, ist das heutige Anwesen von Rausch.

 

Später kamen noch 10 Söldnergütchen dazu. Zwischendurch fielen wieder Teile des Grund und Bodens an 20 Messelhäuser zurück und auch Marbach hatte Grundstücke in Bebauung genommen. Weitere Angaben sind aus Quellen nicht zu entnehmen. Ich kann nur aus einer Verhältnistabelle sämtlicher Untertanen aus dem Jahre 1796 folgende bekannte Namen aus Hofstetten herausfinden: zwei mal Schmitt, einmal Walter – dann Engler und Lösch.

 

Wir haben also bisher gesehen, was die Schlossherren in unmittelbarem Genuss an Grund und Boden für sich selbst behielten und welche Teile sie sodann an Hofbauern oder an Söldner vergaben. Die Hofbauern waren gült- und fronpflichtig. Der Zweck des Söldnergütchens bestand darin, dass für die Bebauung der Herrschaftsgüter genügend „Fröner“ zur Verfügung standen.

 

Damit haben wir bereits eine weitere Frage berührt, die sich in diesem Zusammenhang uns unwillkürlich aufdrängt: Wie standen die Untertanen zur Herrschaft, worin zeigt sich die Grundgehörigkeit und welches waren die Grundleistungen?

 

Wir alle kennen in unserer Zeit ein Wort, das manchem einen Schrecken einjagt – ein Amt, das unerbittlich seine Forderungen stellt: DAS FINANZAMT!

 

Wie sah es damit früher in Messelhausen aus?

 

Zunächst waren die auf der Gemarkung ansässigen Leute Leibeigene der Grundherrschaft. Aber schon nach dem 30-jährigen Krieg - rund 1650 - finden wir keine Spur von Leibeigenschaft mehr. Die Leibeigenschaft wurde in Grundhörigkeit gemildert. Danach waren alle Grundbesitzer der Herrschaft gegenüber zu gewissen Abgaben und Diensten verpflichtet.

 

Die Grundlasten gehen aus den alten Lagerbüchern ganz eindeutig hervor.

 

  1. Die alten Bauergüter und Höfe mussten zunächst die Gült entrichten für ihren Grund und Boden, den sie ja nur zu Lehen hatten. Dies waren meist Naturalien wie Korn, Dinkel, Hafer usw.. Später konnte die Gült durch Geld ersetzt werden. Von den Söldnergütchen wurde der Zins, ebenfalls Naturalien, erhoben. Die Beisassen, die aber keinen Grund und Boden sondern nur ein Häuschen beaßen, lieferten Fastnachtshühner ab. Die Söldner Hofstettens waren zur Weingült verpflichtet. Mit dem Jahre 1848 fallen Gült und Fastnachtshühner weg. Es blieb nur die Abgabe von Zins übrig, der an Martini durchweg in Geld geleistet wurde.
     

  2. Der Zehnt: Eine weitere empfindliche Abgabe stellt der Zehnt dar. Der lebendige Zehnt bestand in dem Recht auf das 10. Junge von landwirtschaftlichen Tieren, sowie auf den 10. Teil an Wachs und Honig von Bienen. Auch dieser Zehnt konnte später durch Ablieferung von Geld ersetzt werden. Der tote Zehnt bestand in der Abgabe des. 10. Teils aller Feldfrüchte. Zehntknechte, die man vorher vereidigte, nahmen das Auszehnten vor und ließen die Abgaben zur Zehntscheune fahren. Später trat an die Abgabe des toten Zehnts ebenfalls das Geld.
     

  3. Eine andere Last war die Herrenfron: Alle Bauern und Söldner waren fronpflichtig. Sie hatten Spanndienste und Handdienste zu leisten. Die Spanndienste bestanden z. B. darin, den Zehnt einzufahren, Heu von der Wiese zu holen, das Holz für die Herrschaft heranzubringen, die Weintrauben von Hofstetten einzufahren und vieles mehr. Die Spanndienste fielen nach 1818 weg und eine einmalige Abfindungssumme trat an die Stelle.

    Zur Herrenfron kamen noch die Handdienste hinzu, zu der alle Bewohner verpflichtet waren. So mussten Sie bei Bauarbeiten mithelfen, auf Treibjagden die Treiber stellen, die Trauben lesen, Holz hacken und noch viele weitere Frondienste erledigen. Später zeigte sich die Herrschaft etwas erkenntlich.

    Für einen vollen Tag Spanndienste gaben Sie jedem Fröner 4 Pfund Fronbrot und für Handdienste 1 Maß Wein und vier Wecken. Trotzdem mögen viele unter der Last geseufzt und gewettert haben, denn sie konnten ungemessen, d. h. zu jeder Zeit und zu jeder Arbeit herangezogen werden. Sie hatten einfach zur Verfügung zu stehen.
     

  4. Der Handlohn: Er bestand in einer Geldabgabe, die der Herrschaft zu entrichten war, da sie bei Veräußerung von Grundstücken „in andere Hand“ ihre Genehmigung und Zustimmung erteilte. Er betrug gewöhnlich 5% des Gesamtwertes. Dieser Handlohn fällt mit dem Jahre 1842 weg.
     

  5. Der Fall: Darunter verstand man eine Abgabe aus der Hinterlassenschaft eines Verstorbenen. Man unterschied hier das Besthaupt und das Hauptrecht.
    - Besthaupt d. h. das Recht der Herrschaft, das beste Stück (Haupt) Vieh aus dem Stall zu holen
    - Hauptrecht es trat dann ein, wenn keine Tiere vorhanden waren und man holte sich z. B. das
    beste Kleid usw.

    Dieses Fallrecht war seinem Ursprung nach der echte Ausdruck aus der zeit der Leibeigenschaft. Der Leibeigene - da er rechtlos war - konnte für sich nichts erwerben. So gehörte eigentlich seine ganze Hinterlassenschaft dem Herrn, der - gerade so, wie es im beliebte - über ihn schalten und walten konnte.

 

Nachdem wir uns in etwa über den „Besitz der Grundherrschaft, den zu Lehen gegebenen Grund und Boden und den daraus erwachsenden Abgaben“ ein Bild machen können, müssen wir kurz ein Wort zur grundherrlichen Verwaltung sagen.

 

An der Spitze dieser Verwaltung stand von jeher ein Amtmann, früher ein Vogt. Die jetzige Wohnung des Rentamtes wurde 1791 erbaut. Die Besoldung des Amtmannes bestand in der Ausnutzung einiger Grundstücke in Naturalbezügen und Geld. Der Verwaltungsbeamte hatte alle Gefälle der Freiherrn von Zobel einzuziehen und zu verrechnen, für die herrschaftlichen Güter und Gebäude zu sorgen und die Kontrolle der Gemarkungssteine zu überwachen.

 

Speziell für die Bewirtschaftung ihrer Waldungen, sowie ihrer Jagd und Fischereien hatten die Zobel bis 1865 ihren eigenen Revierförster, der in ältester Zeit stets als „Jäger“ (venator) erscheint. Bis zum Übergang an Baden im Jahre 1806 führten sie auch die Aufsicht über die Privatwaldungen.

 

Als letzter „Jäger“ 1865 wird Willibald Bechthold genannt, der im sogenannten „Jägerhaus“ wohnte (Hofmann’s Haus – jetzt Robert Hornbach). Dieser letzte Zobel’sche Revierförster war ein Original - Junggeselle und mit Leib und Seele dem Wald und Wild verschrieben. Leider litt er an einer Krankheit: er hatte immer Durst!

 

Die Wilderei wurde stark betrieben und das Forstpersonal lebte in ständiger Fehde mit den ausgekochten Wilderern. 1822 erschoss dieser Willibald Bechthold den Wilderer Wendelin Popp aus Oesfeld. Dafür brummte er drei Jahre und wurde aber 1825 wieder aus der Haft entlassen, da Friedrich von Zobel sich mit allen Mitteln für eine Begnadigung eingesetzt hatte.

 

Untergeordnete Hilfsorgane waren der Schlossgärtner, der bis zur Erbauung des Gärtnerhäuschens im Pachthof wohnte und dann noch einige Wald- und Jagdhüter. Letzter Gärtner war Christian Einfald und letzter Jagdhüter meines Wissens „Der Gustel“! Ein Amtsbote besorgte, solange es noch keine Landpost gab, die Amtsgänge und musste immer zwischen Würzburg und Messelhausen hin und her pendeln.

 

Dorfordnung und Straßen um 1600

 

Hier in Messelhausen galt im Mittelalter allgemein das alt hergebrachte fränkische Recht. Doch zur Erhaltung guter Polizei und Ordnung seiner Untertanen erließ um 1600 Johann Friedrich von Zobel eine Dorfordnung für Messelhausen aus der hervor ging, dass jährlich zwei hohe Gerichte gehalten werden und zwar eines am Montag nach Lichtmess und eines am Montag nach Michaeli. Der Vogt solle die drei Schöffen und den Gerichtsdiener annehmen und schwören lassen, dass sie des Gerichts getreulich waren.

 

Einen jeden Einwohner, auch Söhne und Dienstknechte soll das Gericht bei Strafe getreulich besuchen. Ein jeder Knecht soll innerhalb von drei Tagen zum Vogt gebracht werden, damit er an das Recht gelobe. Ein jeder soll bei Gericht „die schadbaren Leute zu Feld und Dorf, auch Hader, Zank, Raufen, Schlagen, Schelteworte“ vorbringen. Auch wenn Schaden durch Vieh entstanden ist, soll er gerügt werden. Falls die Sturmglocke geläutet würde oder ein Geschrei entstehe, solle ein jeder zulaufen und des Vogts Befehle erwarten. Bei Hader im Wirtshaus oder auf der Gasse solle ein jeder, soviel als möglich, Frieden stiften.

 

Für das Werfen von Steinen, das Schlagen mit Waffen oder anderen Gegenständen solle die Buße 10 – 15 Pfund betragen. Für das Schelten, Raufen oder Schlagen zweier Weiber soll die Buße 5 Pfund sein. Wer einen Gerichtsmann lügen heißt und bei Gericht in ein gesprochenes Urteil redet, zahlt Buße.

 

Meistens waren Geldstrafen vorgesehen. Ein Teil floss dem Gerichte zu, ein weiterer Teil der Herrschaft. Falls das Geld nicht herbeigeschafft werden konnte, drohte die Haft im Stock d. h. man wurde in den dicken Turm gesperrt. Häufig wurde auch, selbst für kleine Feld- und Waldfrevel, die Prügelstrafe angewandt. Zur Strafe und zur Erpressung von Geständnissen waren auch der Bock und die Geige ein Gebrauch.

 

Der Bock, eine Art Raspel, stand vor dem Amtshaus (dem jetzigen Jägerhaus). Auf ihn wurde der arme Sünder gespannt und solange gedreht, bis er „durchgedreht“ war, sich erbrechen musste und dann gestand. Die Geige war ein jochartiges Holz in das der Frevler gezwängt und zur Schande im Dorf herumgeführt wurde. Die Todesstraße wurde am Galgen, der draußen im Jungholz stand, vollzogen. Doch scheint hier kaum jemand gehängt worden zu sein. Das Recht, die Todesstrafe zu verhängen, scheint meiner Ansicht nach, gar nicht den Freiherren von Zobel, sondern einer übergeordneten Stelle - dem Gaugrafen, Fürsten, Herzog oder Fürstbischof zugestanden zu haben.

 

 

Die Lasten der Grundherrschaft

 

Gegenüber den zahlreichen Vorrechten hatte die Herrschaft natürlich auch einige Verpflichtungen übernommen. Sie waren gesetzlich durch Verträge geregelt.

 

  1. Benutzung des Faselviehs vom Gutshof bleibt für die übrigen Bauern unentgeltlich. Der Gemeindekasse bleiben somit Ausgaben erspart. Die Herrschaft war auf eine Verbesserung des Viehbestandes bedacht. Auch die Eberhaltung oblag den Gutsherren noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Diese Last scheint stillschweigend abgekommen zu sein.
     

  2. Die Herrschaft musste zum großen Teil die Lasten für Kirchenbau und Pfarrhaus tragen, soweit der Kirchenfond nicht ausreichte. Diese Beträge lagen vertraglich genau fest.
     

  3. Die Zobels stimmten zwei Holzlesetage in der Woche zu, an denen würdige und bedürftige Bewohner in den Wäldern Holz sammeln konnten.
     

 

Die kirchlichen Verhältnisse

 

Die eigentliche Christianisierung unserer Heimat erfolgte im 6. – 8. Jahrhundert durch irische und schottische Mönche. Der Apostel der Franken, der hl. Kilian der um 685 mit seinen beiden Gehilfen Kolonat und Totnan nach Würzburg kam, taufte den Frankenherzog Gosbert und streute den ersten Samen der christlichen Lehre in unserer Gegend aus. Nachdem er, auf Anstiften der unrechtmäßigen Frau des Herzogs – Geilana - am 8. Juli 689 ermordet worden war, wurde die ausgestreute Saat vielfach vom heidnischen Unglauben wieder überwuchert.

 

Die bleibende Einführung der christlichen Lehre gelang erst dem hl. Bonifatius, dem Apostel der Deutschen, der 718 in Franken wirkte. Großer Segen strömte auch von der Gründung des Liobaklosters in Tauberbischofsheim aus. Bonifatius setzte seinen gelehrigen Schüler Burkhard im Jahre 741 als ersten Bischof in Würzburg ein. Er ist ja auch unser Kirchenpatron.

 

Bis zum Übergang an Baden im Jahre 1806 gehörte Messelhausen nebst Marstadt und Hofstetten zum Bistum Würzburg – kurze Zeit von 1808 - 1827 gehörte es zum Bistum Speyer und nun gehört es zur Erzdiözese Freiburg, die im Jahre 1827 gegründet wurde.

 

Wann das erste Gotteshause in Messelhausen entstanden ist, wissen wir nicht. Der Name „Kirchholz“, der lange Jahre vorher schon in Urkunden erscheint, ist ein Beweis dafür, dass schon viel früher eine Kirche hier gestanden haben muss. Die jetzige Kirche stammt in der Hauptsache aus dem Jahre 1595.

Die Inschrift über dem Hauptportal zeigt, dass Stephan Zobel von Giebelstadt sie erbaut hat.

 

Dort lesen wir: „Aedem hanc sacram / monumentum e summum summae venerationes / numen perpetuum sanctorum memoriam / a fundamentis excitavit / Stephanus Zobelius a Gibelstadt / Anno 1596“

 

was auf Deutsch heißt: „Dieses heilige Haust hat zur immerwährenden Erinnerung an das höchste Wesen höchster Verehrung und zum ewigen Gedächtnis der Heiligen von Grund auf erbaut - Stephan Zobel von Giebelstadt - im Jahre 1595/1596“.

 

Der Aufsatz über dem Hauptportal trägt das Doppelwappen der Familie Zobel – den Pferdekopf für die Zobel’s und die drei Ringe für die Echter’s – denn Stephans Gemahlin war ja eine geborene Echter (die Schwester des bekannten Fürstbischofs Julius Echter).

 

Neben dieser Inschrift sind zu beiden Seiten auf den Pilastern die Verwandten Familienwappen angebracht

  • Links die Wappen von Lichtenstein – Seckendorf - Thüngen und Wenkheim

  • rechts die Wappen Thüngen – zweite Linie Schwanberg, Frauenberg und Horneck.

 

Von dem heutigen Bau stammen der Turm und das Langhaus bis zum Querschiff aus dem Gründungsjahr 1995. Daran schloss sich früher sofort der Chor an. Es gab also noch kein Querschiff. Am 20. August 1855, vormittags gegen ½ 8 Uhr traf ein Blitzstrahl den Turm und alsbald stand die Spitze in hellen Flammen. Da keine der vorhandenen Feuerwehrspritzen bis zum Gipfel trug, musste man das Feuer 2 Stunden lang ungehindert wüten lassen. Dadurch brannte der Turmhelm völlig ab. Das herabfallende Kreuz durchschlug das Dach und die Decke des Langhauses. Das Langhaus selbst konnte man jedoch vor dem Brand schützen.

 

Die Einwohnerzahl von Messelhausen nahm stetig zu und so ging man in den Jahren 1892/93 daran, das jetzige Querschiff einzuschieben. Chor und Sakristei wurden abgebrochen und die Kanzel, die früher am 2. Fenster des Langhauses stand, wurde weiter nach vorne in die Mitte des Kirchenraumes verlegt. Ein neuer Belag aus rotem Sandstein wurde eingezogen und darüber neues Gestühl errichtet.

 

Die alten Grabplatten wurden, soweit ihre Schrift noch lesbar war, an den Außenseiten des neuen Chores eingelassen denn in der Kirche selbst sind nämlich folgende Zobel bestattet:

  • Johann Friedrich + 1686 im Gang

  • Franz Johann von Zobel +1732 liegt unter dem herrlichen Grabmal neben der Schwesternbank

  • Johann Friedrich u. Gemahlin, Erbauer des jetzigen Schlosses, sind ebenso wie ihre Tochter

  • Maria Sophia Theresia, im Chor begraben. Ihre Grabplatten sind jetzt außen am Chor angebracht.

 

Von den drei Altären ist der jetzige rechte Seitenaltar (Apostelaltar) der älteste und wertvollste. Er ist aus weichem Kalkstein gearbeitet; auf der Predelle (sogenannter Setzstein) unten links ist die Jahreszahl 1596 eingeritzt.

 

Er ist eine Stiftung des Fürstbischofs Julius Echter. Er war ursprünglich der Hauptaltar vor dem Umbau von 1892. Da wir in unserer Kirche Kunstwerke von seltener Schönheit und hohem künstlerischen Wert haben, will ich versuchen, sie in Inhalt und Form zu deuten. Hier wäre natürlich das Lichtbild am Platze, damit jeder von uns das Kunstwerk vor sich hätte. Vielleicht ist es manchem von uns eine Anregung, sich die Mühe und Muse zu nehmen und in stiller Stunde vor diese Werke zu treten und sie eingehend zu betrachten.

 

Ganz unten am Apostelaltar ist die Verkündigung durch den Erzengel Gabriel dargestellt. Der Bote Gottes tritt erhaben und majestätisch, jedoch nicht so süßlich und kitschig wie auf vielen Engeldarstellungen späterer Zeit, vor die Magd des Herrn.

 

Diese kniet auf einem Betschemel, hat vor sich das Psalterium aufgeschlagen, ist noch im Gebet versunken, wendet sich dem Engel zu und die demütige Gebärde ihrer Hände drücken das aus, was der Mund soeben gesprochen: Siehe ich bin die Magd des Herrn - mir geschehe nach seinem Wort. Wie schön ist hier die stille Häuslichkeit von Nazareth mit einem einzigen Requisit umrissen und eingefangen: Das Flickkörbchen mit dem Knäuel Wolle steht noch neben dem Betstuhl!

 

Das Hauptbild darüber zeigt uns die Apostel nach dem Pfingstfest, wie sie voneinander Abschied nehmen, um in alle Länder hinauszuziehen und das Evangelium zu verkünden. Die Abschiedszene spielt sich vor den Toren Jerusalems ab. Im Hintergrund erheben sich die Mauern der Stadt. Palast steht neben Palast, alles überragt von den Zinnen des jüdischen Tempels. Eine Allee führt hinunter zu dem Ort dieses einmaligen Geschehens. Auf der Landstraße wandert jener abtrünnige Judas, der den elf anderen Aposteln den Rücken gekehrt hat. Der Sonderling, dem die Verwaltung der Geldkasse mehr bedeutete als der Meister, der die 30 Silberlinge des schnöden Verrates ja bereits in den Opferstock des Tempels geworfen und sich mit einem Strick erhängt hatte.

 

Dem Künstler kam es auf diesen Anachronismus der Zeitfolge gar nicht an. Der Gegensatz tritt nur umso schärfer ans Licht:

  • dort der Gejagte und Gehetzte – hier die Eintracht und Liebe;

  • dort die reiche, protzige Stadt – hier diese einfachen Fischer, erfüllt von der Kraft des Geistes.

 

Jedes Gesicht, jeder Ausdruck spiegelt das innere Erleben er Seele wieder. Zwei Apostel falten betend die Hände; einer streckt die Hand weit gen Himmel, gleichsam andeutend, als wolle er für sein Werk - das zu tun, er sich anschicken will - den Segen vom Himmel herunter holen. In der rechten Ecke singen zwei Apostel ein Loblied, wobei einer dem andern die Hand weg schiebt, damit er den Text mitsingen kann. Aus der ganzen Komposition ragt jedoch die Mittelgruppe, mit den zwei tragenden Gestalten Petrus und Johannes, heraus.

 

Im Mittelpunkt ist Petrus, der erste unter den Aposteln und das Oberhaupt der Kirche, der Johannes den Abschiedskuss gibt. Mit beiden Armen umfassen sie sich und sagen sich vielleicht für immer „Lebe wohl“.

 

Alle 10 legen Zeugnis ab für Christus und sterben den Martyrertod, ausser dem Jüngsten, „Johannes“. Auch das rein menschliche an diesen Aposteln weiss der Künstler noch zu zeigen. In diesem erhabenen Geschehen, wo alle vom Heiligen Geist getrieben werden, meldet sich bei einem der Apostel der Durst. Auf seinem Wanderstab gestützt, trinkt er ganz gelassen und ruhig aus seiner dickbauchigen Flasche. In diesem Apostelaltar besitzen wir ein Kunstwerk, dessen Wert von einem Laien gar nicht geschätzt werden kann.

 

Über dem Apostelbild thront die Heilige Dreifaltigkeit: Vater, Sohn und Hl. Geist. Vater und Sohn tragen die Weltkugel in ihren Händen. Auf den Säulen, die die Bilder gleichsam einrahmen, sind Marterwerkzeuge des Herrn dargestellt: Kreuz mit Hammer, Dornenkrone, Geißelsäule, Zangen, Nägel, Gefäß mit Essig u. Schwamm, Lanze und Leiter, das Schweißtuch der Veronika und der Leibrock Jesu um den die Soldaten das Los warfen. Der Abschluss des Altars bildet das Wappen des Fürstbischofs Julius Echter. Auf dem Absatz über dem Hauptgesims befinden sich beiderseitig (jeweils an den Ecken) zwei Figuren, die Kardinaltugenden darstellen – nämlich: Gerechtigkeit, Klugheit, Maß und Tapferkeit.

 

Der jetzige Hauptaltar ist eine Stiftung des Johann Franz von Zobel aus dem Jahre 1717. Seine Errichtung geht auf ein Gelübde (Das Gelübde lautet: „ex dicto sit Factum“ was bedeutet „Infolge eines Gelübdes sei er gemacht“) zurück.

Näheres über das Gelübde sagen uns die Verse unten links und rechts vom Altar, die also lauten:

 

Links: Rechts:

Als ich verheiratet war, Merke mein Posteritet (Nachkomme)

hab ich mir vorgenommen Willst du auch was bekommen,

zu machen ein Altar, in Gottes Mächten steht

wann Söhne werd kommen. dein Bitt dir zu gewehren.

Darum zum Himmel hin

Acht Söhne Gott mir gab. tu schicken dein Vertrauen,

Darum zu seiner Ehr so kannst in Hoffnung sein

Ich dies gesetzet hab. dein Wunsch erfüllt zu schauen.

 

Unser Hochaltar ist wahrscheinlich (nach einer Familienüberlieferung aus dem Hause Zobel) das Werk eines Bildhauers Ziegler aus Bamberg. Der gleiche Künstler schuf auch unsere Kanzel! An künstlerischem Wert erreicht er den viel älteren Apostelaltar bei weitem nicht.

 

Dort wirken noch die tiefe, innerliche Frömmigkeit und starke Ausdruckskraft der Spätgotik welche noch an Tilman Riemenschneiders Gestalten erinnert. Hier sind es die Formelemente der Renausance, die ihre Impulse von Italien bezog, welche den Menschen in seinem neu erwachten Lebensgefühl in den Mittelpunkt stellte und ihn uns in Gebärde, Geste und Ausdruck selbstbewusst vor Augen führt.

 

Trotzdem entbehrt diese Kunstepoche nicht des religiösen Hintergrundes. Nun ist alles mehr auf äußere Wirkung eingestellt. Die Idee des Künstlers verblasst und sein Schaffen wird mehr und mehr Routine. Prägte früher die Idee den Stoff - in unserem Fall wäre dies der Stein - so beherrscht der Stoff jetzt mehr die Idee und die Gestaltungskraft des Künstlers.

 

Das Mittelstück des Hochaltars stellt die Enthauptung Johannes des Täufers dar. Der Scharfrichter hält das abgeschlagene Haupt des Täufers an einem Haarbüschel in der Hand und der tote Körper liegt noch über dem Henkerklotz. Die alte Lebedame Herodias, deren verrunzelte und lederne Gesichtszüge auf ihren ausschweifenden Lebenswandel hinweisen, hat ihr Ziel erreicht. Wie hatte es der Bußprediger auch wagen können, ihr einfach die Wahrheit ins Gesicht zu schleudern.

 

... es folgt mehr oder weniger die Geschichte um die Enthauptung des Johannes ...

Die Herodias wünschte das Haupt des Johannes auf einem Teller. So steht sie denn auf dem Altarbild - hält in der Hand den Teller hin.

 

Wie treffend hat hier der Künstler diese junge Dame mit ihrem Lockenkopf, die gerade aus einem Friseursalon zu kommen scheint, dargestellt - im Gegensatz zur Mutter, deren Gesicht steinhart bei diesem grausigen Geschehen wirkt. Die Enthauptung wurde sicherlich als Motiv zum Altarbild gewählt, da der Stifter eben den Namen Johann (Franz) Zobel trug. Entsetzt wendet der hl. Nikolaus von Myra seinen Blick weg und schaut zur Seite. Zu seinen Füßen kauern arme Waisenkindern, denen er in großzügiger Weise half. Neben ihm steht der hl. Bonifatius, der Apostel der Deutschen, mit dem Bischofstab in der Hand und das Beil im Arm - wohl die Art seines Martyriums andeutend (oder auch nach anderer Auslegung - weil er mit der Axt die Donareiche bei Geismar, in der Nähe von Kassel, - diesen Baum, der dem heidnischen Germanengott Donar geweiht war - gefällt hatte!).

 

Ganz rechts im Hintergrund steht Antonius von Padua mit dem Jesuskind auf dem Arm. Sein Gegenstück, den hl. Franziskus von Assisi, findet man auch auf der rechten Seite. Dieser Heilige des Mittelalters ist wohl deshalb gewählt, weil der Stifter neben seinem Hauptnamen Johannes als weiteren Namen „Franz“ hatte. Neben Franziskus reiht sich der hl. Kilian an, ausgezeichnet mit dem Bischofstab und dem Schwert, da er ja ermordet wurde. Daneben steht der hl. Burkhard, welchen Kilian als ersten Bischof von Würzburg einsetzte und der zugleich Kirchenpatron ist.

Die beiden letzten sind sicherlich deshalb gewählt, da sie mit der Bekehrung der Franken in engstem Zusammenhang stehen. Über der „Enthauptung des Johannes“ ist ein Flachrelief (d. h. eine Darstellung tritt nur wenig aus dem Stein hervor und ist nicht erhaben ausgehauen), das die Scheidung der Bösen und Guten beim Jüngsten Gericht darstellt.

 

Flankiert und abgeschlossen wird diese Darstellung durch 6 Gestalten, welche die drei göttlichen Tugenden „Glaube, Hoffnung und Liebe“ versinnbildlichen sollen. Und zwar gehören sie jeweils entgegengesetzt paarweise zusammen, was aus den symbolischen Zeichen hervorgeht:

  • Glaube
    Anker und Baumstamm - festen Grund und fest verwurzelt

  • Hoffnung
    mit verbundenen Augen - also restloses Vertrauen und blindlings vertrauen

  • Liebe
    beiderseits dargestellt durch eine Mutter, die ihre Kinder im Arm hat

 

Der linke Seitenaltar hat in seinem Hauptbild als Motiv: „Mariä Heimsuchung“

Nach der Überlieferung zog Maria übers Gebirge zu Ihrer Base Elisabeth und Zacharias. So sehen wir denn rechts Maria und Josef, wie sie gerade in das Haus bei den Verwandten eintreten. Elisabeth streckt beide Arme zum Willkommensgruß aus, um die gesegnete Magd zu empfangen. Darüber ist die Himmelfahrt Mariens dargestellt; wie sie auf einer Wolke, welche von Engeln getragen wird, gen Himmel fährt. Als Abschluss finden wir ganz oben dann wieder die Wappen der Familie Zobel.

 

Dieser Marienaltar ist aus Holz, während alle anderen Altäre aus grünem Sandstein gemeißelt sind. Die Renovierung nach 1947 beseitigte „Gott sei Dank“ die dreifache Glasurübermalung, womit die Kunstwerke übertüncht waren. So kommt ihre ursprüngliche Schönheit zur Geltung.

 

Die steinerne Kanzel ist ebenfalls ein Werk des erwähnten Bildhauers Ziegler. Sie stammt, wie die Inschrift auf der Rückseite der Mosesstatue ausweist, aus dem Jahre 1718.

 

Getragen wird die Kanzel von Moses, der die steinernen Tafeln mit den 10 Geboten in den Händen hält. Die Außenwand der Kanzel ist geschmückt durch die 12 Propheten des AT (Alten Testaments) und darüber stehen die Gestalten der vier Evangelisten: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aus dem NT (Neuen Testament). Alle sind Künder des Gotteswortes. Die Gliederung der Kanzel spricht eindeutig den Gedanken aus: Das Neue Testament baut auf dem Alten auf, in Christus und seiner Lehre ist es vollendet. Auf festem Grund steht der Priester, der uns die Lehre Christi, die Heilsbotschaft verkündet.

 

Heilsbotschaft ist das Evangelium, die Quelle der Lehre, die Hl. Schrift und die mündliche Überlieferung. Überdacht ist die Kanzel durch die Tiara, das Zeichen der dreifachen Papstkrone, die Lehramt, Hirtenamt und Weiheamt versinnbildlichen. Die dreifache Gewalt lebt im Papsttum und im Priestertum weiter. (Die drei Reifen der Tiara sollen die Hauptaufgaben des Papstamtes symbolisieren: Heiligen, Lenken und Lehren bzw. das Weiheamt, die Jurisdiktion <Rechts- u. Verwaltungshoheit> und das Lehramt.)

 

Eine etwas eigenwillige Darstellung bildet den Abschluss:

Der Pabst (? Gottvater !) trägt den Leichnam Christi - eine Aufgabe, die nach Pietätdarstellungen nach der Kreuzabnahme der Gottesmutter zufällt.

 

Diese Darstellung soll wohl den Gedanken andeuten: Die Kirche verwaltet die Gnadengaben und Heilsmittel, die der Tod Christi uns erwirkt hat. So ist die Kanzel ein Kunstwerk voll tiefer Gedanken und Inhalte.

 

Ein letztes Werk, das der Kunstbetrachtung wert ist, stellt das Grabmal von Johann Franz von Zobel dar. Die Inschrift, die unter dem Epitaph (Denkmal) angebracht ist, besagt: Im Jahre Christi, anno 1732, den 5. April nachmittags gegen 5 Uhr hat sein hocherbaulich Lebenslauf nach empfangenem heiligen Sakramenten und christlicher Vorbereitung mit einem gottseligen End beschlossen, der reichsfrei hoch- wohlgeborene Herr Johann Franz Zobel von Giebelstadt und Herr zu Messelhausen.

Der Ritter kniet auf dem Sockelrand des Grabmals. IN der Hand hält er den Rosenkranz und sein Blick trifft genau das Antlitz des Gekreuzigten, von der er Gnade und Vergebung erwartet. Seine Gemahlin bittet auf der Gegenseite für die Seelenruhe des Verstorbenen. Acht Wappen, die rechts und links des Kreuzes angebracht sind, weisen auf die einzelnen verwandtschaftlichen Linien des Johann Franz Zobel und seiner Frau hin.

 

Damit hätten wir unsere Kirche mit ihren Altären, der Kanzel und anderen Denkmälern besprochen. Sie birgt manch wertvolles Kunstwerk, das unsere Beachtung und Betrachtung verdient.

 

Zu erwähnen wären noch die drei Glocken im Turm, die sehr alt und kostbar sind. Sie stammen aus dem Gründungsjahr 1595 und sind von dem Glockengießer Christoph in Nürnberg gegossen. Die größte Glocke trägt die Inschrift: „in der heiligen Dreifaltigkeit Namen tat mich Christoph, Glockengießer zu Nurmberg gießen 1595.“

 

Auf der mittleren steht: „Gottes Wort bleibt ewig, - glaub dem mit that! – bist selig!“ Auf dem Mantel der mittleren Glocke befindet sich ein Flachrelief der hl. Jungfrau Maria mit dem Kinde. Auf der entgegengesetzten Seite lesen wir: „im Namen der hl. Jungfrau Maria.“

 

Die Inschrift der kleinsten Glocke lautet: „in der heiligen Apostel Namen tat mit Christoph, Glockengießer zu Nurmberg gießen.“ Schrift wie Bildschmuck sind im gotischen Stil gehalten.

 

Über die ersten Anfänge der Pfarrei ist nicht sicheres zu ermitteln. 1539 wird in einer Urkunde die Pfarrei erstmalig erwähnt. Sie war anfangs nur eine einfache Schlosspfarrei und der Geistliche wurde lediglich als Privatdiener der Herrschaft behandelt. Die Zobel gaben ihm Kost und Wohnung im Schloss. Das geht eindeutig aus einer Aufzeichnung des Pfarrers Lesch im Pfarrbuch hervor, die aus dem Jahre 1770 stammt.

 

Dort heißt es: „Die Wohnung wurde mir - gleich meinem Vorgänger - im alten Schloss angewiesen, allwo ich nebst zwei Kammern unter dem Taubenschlag und einer Küche nicht mehr als zwei im Winter entsetzliche kalte Zimmer zu bewohnen hab und noch dazu leiden muss, dass im Winter der Gärtner Holz, Stroh und Feuer durch meine Stube trägt, um die zwei hinteren Zimmer zu heizen, in denen er sein Gartenremis hat.“

 

Man entschloss sich deshalb später zum Bau eines eigenen Pfarrhausen, das 1783 Kurat Lesch bezog.

Das Haus war zunächst einstöckig und im Jahre 1884 wurde ein zweiter Stock aufgesetzt. Pfarrer Lesch freute sich bestimmt, als er endlich für sich allein im neuen Haus saß. Das zeigte eine bemerkenswerte Notiz: Obwohl ich bei diesem Hause gar nicht zu sagen hatte, so wurde ich doch von den Handwerksleuten verschiedener Saufereien sehr geplagt, wie es wirklich auch mein Weinfass so ziemlich hat spüren müssen.

 

Die Gemeinde war bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts immer rein katholisch. Auch während der Reformationszeit hatten die Herrschaft wie Untertanen stets an der katholischen Lehre festgehalten. Der erste Protestant der sich 1781 in Hofstetten niederließ, war Adam Kern aus Massenhart. Er beschwerte sich öfters beim Fürsten von Hohenlohe über mancherlei Bedrückungen. 1782 kam eine zweite reformierte Familie mit Peter Garnier nach Messelhausen. Die Dienstboten im Pachthof waren schon ums Jahr 1800 größtenteils evangelisch, seit 1808 kamen auch evangelische Gutspächter auf den herrschaftlichen Gutshof. Eine offizielle Einpfarrung der evangelischen Christen in eine bestimmte Pfarrei bestand nicht.

 

Früher besuchten sie den Gottesdienst in Unterschüpf und wurden auch von dort bei Tauf-, Hochzeits- und Sterbefällen pastoriert. Später wurde die Betreuung von Tauberbischofsheim und heut von Lauda übernommen. Friedhof und Schule wurden den evangelischen Christen in toleranter Weise immer zur Mitbenutzung eingeräumt. Uns so ist es nur vernünftig, wenn heute im Pfarrhaus die evangelischen Christen ihren Gottesdienst feiern. Denken wir nur an die Bestrebungen des jetzigen Konzils und denen von Papst Paul dem VI.

Wie war es nun mit den Juden?

 

Der erste Jude wurde von Friedrich Zobel 1783 hier aufgenommen. Dieser erste Schutzjude heißt Feißt. Woher er kam, ist nicht festzustellen. Er befasste sich mit der Ausübung der Heilkunde und man nannte ihn deshalb Doktor Feißt. Er baute sauf herrschaftlichem Grund und Boden ein Häuschen am Löhlein, das später dem Schmied Döhling gehörte. Sein Sohn Lazarus kaufte die untere Hälfte des Hauses, wo heute Herr Zick wohnt.

 

Die zweite jüdische Familie war 1809 gekommen und hieß Strauß. Er kaufte das Anwesen, wo heute Herr Frank (früher Lazarus Stein) wohnt. Die 3. Familie ist die der Luck. Er baute gleichfalls am Löhlein ein haus, das später dem Jakob Döhling gehörte (scheinbar haus von der Liesebeth?). Später vertauschte er es gegen das Haus des Philipp Götz am Kirchberg, wo später Isaak Luck (heute Lockheimer’s Haus) wohnte. Der 4. Schutzjude war Abraham Jakob, genannt Frum. Als er starb, nahm seine Frau einen Jakob Stein. Jokel Stein erbaute das Haus, in dem heute Herr Springauf wohnt. Später übergab er es seinem Bruder Wolf Stein und kaufte von einem Gramlich das jetzige Stemmlers haus, wo heute H. Leonhard Schwenkert wohnt.

 

Von diesem Wolf Stein stammen 9 Kinder: Er kaufte das Schleicherhaus, baute die obere Hälfte des alten Reiß’schen Hauses aus und richtete dort einen Stoffladen (Endres-Haus) ein. Moritz Stein baute 1866 das „Löwenwirtshaus“ (alte Lockheimer Haus). Wolf (Wölfle) kaufte das heutige Haus von Josef Götz. Moyses Stern erwarb das Häuschen gegenüber dem Pfarrgarten, wo früher Schurk wohnte (Hartmanns Haus). Er kaufte für seinen Sohn Leopold Stern ein Haus, richtete darin einen Manufakturwarenladen ein (Haus von Franz Liebenstein). Weitere Judenhäuser sind, wo heute Hermine Ziegler wohnt, dann erinnern wir uns nach an Jette Stein, wo heute Valentin Liebenstein wohnt und dort wo Uihlein wohnt.

 

Als Issak Stein 1890 das Doppelhaus von Zick und Endres an Jakob Reiß aus Ollenhausen bei Möckmühl verkaufte, kam mit diesem der letzte Jude in den Ort. Um 1900 waren es insgesamt 11 jüdische Familien, die hier mit ungefähr 60 Personen lebten.

 

Alle Juden kamen anfangs arm hierher;

  • Wolf Stein hatte einen Stoffladen

  • Strauß handelte mit alten Kleidern

  • Luck mit Ellwaren und Hasenfellen

  • Stein ernährte sich vom „Schmusen“

  • Jokel Stein betrieb ein mittleres Bauerngütchen, das aber seine Söhne wieder aufgaben.

 

Mehrere von den Stein’s und Luck’s wurden Viehhändler.
Durch ihre Geschäftstüchtigkeit, die ihnen im Blut lag, wurden sie am Ende wohlhabend, einzelne sogar reich. Viele ihrer Söhne und Töchter zogen später in die Großstadt Frankfurt.

 

Bis 1806 hatten die Juden kein Bürgerrecht, da nach der Gesetzgebung des alten Deutschen Reiches nur Christen Gemeinde- und Staatsbürger sein konnten. Sie saßen lediglich als Beisassen im Schutze der Freiherrn von Zobel. Durch Schutzbriefe, worin die Aufnahmebedingungen festgelegt waren, waren sie geschützt. Dafür entrichteten sie an die Schutzherren ein Schutzgeld. Später wurden sie Staatsbürger, ihre Religion war geduldet und ihre Gleichstellung mit den Christen war 1860 vollendet.

 

Anfangs hielten die Juden im Reiß’schen Haus ihre Gottesdienste ab, denn dort war im Keller auch das Tauchwasser, das vorgeschriebene rituelle Frauenbad eingerichtet. 1858 wurde die alte Synagoge erbaut. Wo wir uns jetzt befinden, war die Empore – im runden Fenster dort strahlte der Davidstern.

 

 

 

 

 

 

 

Da nach jüdischem Gesetz eine Schub - also ein Gottesdienst - nur abgehalten werden kann, wenn mindestens 10 männliche Juden im Alter von nicht unter 13 Jahren anwesend sind, behielt man anfangs wandernde Juden über Sabbat (= Ruhetag -> hierzu siehe unten beigefügte Erklärung!) im Ort oder ließ Juden aus den Nachbargemeinden Edelfingen, Grünsfeld und Königshofen kommen.

 

Ihre Begräbnisstätte hatten die Juden auf dem Friedhof von Allersheim, der über dreihundert Jahre alt ist. Eigene jüdische Lehrer, die zugleich den Vorsänger- und Schächterdienst besorgten, erscheinen erst seit 1820. In religiösen Angelegenheiten (Trauungen, Beschneidung usw.) wandten sie sich an den Rabbi Götz Heinemann in Grünsfeld. Später gehörte Messelhausen zum Rabbinat (Verwaltungseinheit der jüdischen Gemeinde) Mosbach. Wie die letzten Juden aus Messelhausen kamen, das wissen wir ja alle.

 

 

 

 

 

Der Sabbat hat verschiedene Namen wie z.B. Schabbat, Schabbos, Schabbes oder in deutsch übersetzt „Ruhetag, Ruhepause“. Er ist im Judentum der siebte Wochentag, an dem keine Arbeit verrichtet werden soll. Er wird im Tanach (Heilige Schrift ist die Urkunde ihres Glaubens), der hebräischen Bibel (eine eigene Sammlung von Schriften, die für sie das Wort Gottes enthalten), auf Gottes Ruhe nach der vollendeten Schöpfung zurückgeführt.

 

Hier steht geschrieben: „Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte.“

Gläubige Juden feiern den Sabbat ab Sonnenuntergang am Freitagabend bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstagabend. Dazu gehören Sabbatbrote, die üblicherweise zugedeckt auf dem Tisch liegen, ein Sabbatleuchter als einzige Lichtquelle dieses Tages und ein Kidduschbecher (hl. Kelch) zum Ausbringen des Segens über einem Glas Wein. Auch einige Christen begehen den Sabbat als biblisch gebotenen Ruhetag.

 

Nachdem wir die kirchlichen und religiösen Verhältnisse etwas näher betrachtet haben, sollten wir uns kurz der Schule und der Schulordnung zuwenden. Bis ins 15. u. 16. Jahrhundert bestand der Unterricht des Volkes auf dem Lande in der Regel nur in der Christenlehre, die der Pfarrer oder auch der Messner bis zum 20. Lebensjahr oder noch länger hielt. Lesen und schreiben lernten nur einzelne. Schon in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts finden wir jedoch nachweisbar Lehrer in Messelhausen. Aber das Schulwesen lag auch hier, wie überall, im Argen. Die Lehrer wurden genauso wie der Gemeindehirte und der Nachtwächter Jahr für Jahr vom Bürgermeister „gedingt“:

 

Er brauchte keine besondere Ausbildung, sondern musste nur einigermaßen rechnen, lesen und schreiben können. Er erteilte den Unterricht entweder in seinem eigenen haus oder in der Wohnung eines Bürgers. Es gab keinen Schulzwang und keinen Lehrplan. Der Lehrer erhielt seinen Lohn unmittelbar von den Bürgern, jedoch steuerte die Herrschaft auch dazu bei. Die eigentliche Gründung der Volksschule Messelhausen fiel in das Jahr 1754, als die Gemeinde neben der Kirche das erste Schulhaus erbaute (Haus von Christoph Ziegler und Konrad’s-haus).

 

Nachdem die Schulverhältnisse und der Gehalt des Lehrers auf eine bessere Grundlage gestellt waren, erließ die Herrschaft am 3. November 1771 eine Schulordnung nach würzburgerischem Muster: Schulpflichtig waren alle Kinder vom 4. bis 12. Lebensjahr. Im Winter begann der Unterricht morgens von

8 – 10 Uhr und nachmittags von 12 – 15 Uhr. Im Sommer dagegen von 7 – 9 Uhr. Allwöchentlich wurde die Schule von der geistlichen und weltlichen Obrigkeit visitiert und an jedem ersten Schultag im Monat eine öffentliche Prüfung angestellt, wobei die fleißigen Schüler belohnt, die nachlässigen und faulen durch die nötigen Mittel zu größerem Eifer angehalten wurden.

 

Für das „Schuleschwänzen“ mussten die Eltern der betreffenden Kinder jedes Mal einen Kreuzer „blechen“ (Strafe zahlen)! Zur Überprüfung des Besuchs der Christenlehre wurden auch die Lehrer mit herangezogen. Der Lehrer brachte morgens dem Pfarrer die Liste der Ferngebliebenen. Letzterer kassierte die Geldstrafen ein und verwandte sie als Belohnung für fleißige Schüler. In der folgenden Zeit zeigte sich auch das Interesse der Öffentlichkeit durch einige Stiftungen. 1843 bis 1844 wurde sodann das jetzige Schulhaus erbaut. Das alte haus verkaufte man an Simon Schis und Johann Haas. Auch die Juden schickten ihre Kinder von Anfang an in die christliche Ortschule und entrichteten ihr Schulgeld. Der Gehalt des Lehrers und die Höhe des Schulgeldes sind durch die Schulgesetzgebung der letzten Jahrzehnte of neu geregelt und erhöht worden.

 

(einige Sätze über Lehrermangel stimmen nicht mehr und wurden deshalb weggelassen)

 

Ich möchte noch kurz auf die äußeren Schicksale, besonders auf die Kriegsereignisse eingehen. Messelhausen hat alle Kriege verspürt, die über Franken hinweggingen. Sei es durch direkte Einwirkungen oder Durchzüge von Truppen. Die ersten genauen Kriegsnachrichten über den Ort Messelhausen haben wir aus dem Bauernkrieg (1525). Er kam nicht ohne Vorläufer. Wie das ferne Grollen des Donners hatten schon jene revolutionären Predigten des Pfeiffer Hans von Niklashausen 50 Jahre vorher gewirkt: es dürfe künftig keine Obrigkeit, keine Kaiser, keinen Papst, keine geistliche und weltliche Herrschaft geben! Keine Leibeigenschaft, keine Steuer, kein Zoll, kein Zehnt, kein Fron solle mehr sein!

Bei Rothburg sammelte sich der „schwarze Haufen“ um den Ritter Florian Geyer aus Giebelstadt und im Schüpfgrund rottete sich der „helle Haufen“ um den Ochsenwirt Georg Metzler zusammen. Die Odenwälder scharten sich um den Ritter Götz von Berlichingen. Die aufgebrachten Bauern stürmten Klöster und Burgen, plünderten und brandschatzten. Vom Taubergrund aus machten sie am 27.04.1525 einen Abstecher nach Messelhausen und besetzten das Schloss. Auf Anweisung der Bauernführer wurde es ausgeplündert und in Brand gesteckt. Die vernichtende Niederlage der Bauer bei Königshofen durch das wohlausgerüstete Ritterheer beendete den Bauernkrieg. Über 4000 tote Bauern bedeckten die Wahlstatt am Turmberg. Ein furchtbares Strafgericht brach über die Gefangenen herein. Ganze Dörfer wurden niedergebrannt.
 

Der 30-jährige Krieg (1618 – 1648) raffte 2/3 der deutschen Bevölkerung hin, verwandelte das Land in eine Wüste. In Böhmen hatte dieser unglückselige Religionskrieg mit dem Prager Fenstersturz seinen Anfang genommen. Gustav Adolf von Schweden zog mit seinem Heer gegen den kaiserlichen Tilly, später gegen Wallenstein. Messelhausen hatte besonders unter der Furie des Krieges zu leiden, als die Schweden in Franken einfielen. Aus einem Vermögensübergabebericht von Johann Franz Zobel an seinen Sohn erkennen wir deutlich die Zerstörungen und Verwüstungen unseres Ortes: Das Schloss war halb zerstört, mehr als die Hälfte aller Anwesen waren unbewohnt und ¾ der gesamten Gemarkung las wüst und öd. Der gesamte Viehbestand der Gemeinde betrug 6 Ochsen, 12 Kühe und ein Kalb. Hofstetten war eine völlig ausgebrannte Hofstätte. Noch schlimmer sah es im benachbarten Oberbalbach aus, das auch den Zobel’s gehörte. Dort war nur noch ein einziges Bauernhaus bewohnt; 41 Hofstätten waren abgebrannt, die ganze Gemarkung unbebaut.

 

Die französischen Raubzüge unter Ludwig XIV.
Nach dem 30-jährigen Krieg war Deutschland in unzählige Kleinstaaten zersplittert und zerrissen. Für den beutegierigen und kriegslustigen Franzosenkönig war dies ein Lockmittel. Noch hatte der Ort Messelhausen nicht Zeit gehabt, sich von den Wunden des letzten Krieges zu erholen, da brachen Melac’s Mordbrennerscharen über Boxberg und den Taubergrund hier ein.

Ein Eintrag in einem alten Pfarrbuch sagt: „1688 am 31. Okt. in festo Sti Wolfgangi drangen am Sonntag früh um ½ 7 Uhr die Franzosen in den Ort ein und haben das herrschaftliche Schloss nebst 27 Bäu von Grund abgebrannt. Stehen sind geblieben: die Kirch, Pfarrhof, Scheuer und Jägerhaus“, die teilweise mit Geld losgekauft wurden.

In den folgenden Zeiten bleib Messelhausen von größeren Kriegsereignissen weitgehend verschont. In den napoleonischen Kriegen und den Befreiungskriegen (1806 – 1815) musste der Ort Kriegsvolk aufnehmen und größere Verpflegungsabgaben stellen. In den Revolutionsjahren 1848/1849 hielt sich die Gemeinde ruhig und gesetzmäßig. Als revolutionslüsterne Oberbalbacher in den Ort eindringen wollten, um das Tentamt zu stürmen, wehrten die Einwohner sie mit einer Steinsalve ab.

Im deutschen Bruderkrieg 1866 Preußen gegen Österreich erstarrte Messelhausen, Marstadt und Hofstetten von Militär: 24 Offiziere, 1300 Mann und 70 Pferde waren hier untergebracht. Der preußische Oberbefehlshaber von Manteufel stieß bei Werbach, Tauberbischofsheim und Gerchsheim mit den Österreichern zusammen und lieferte daselbst blutige Gefechte. 1870 u. 1871 blieb es hier, ebenso wie 1914/1918, ruhig. Allerdings musste die Gemeinde ebenfalls ihren bitteren Blutzoll an gefallene Soldaten, die Söhne ihrer Heimat, entrichten.

Es kam schließlich zum 2. Weltkrieg, den Herr „Gröfaz“, der größte Feldherr aller Zeiten - Adolf Hitler in maßloser Verblendung und altgermanischen Rassenwahn bis zum „siegreichen Ende“ führte. Diese Schreckenstage habt ihr ja alle noch in frischer Erinnerung, wo ihr in den Kellern Schutz gesucht habt. Zahlreiche Häuser wurden erheblich geschädigt, groß waren die Verluste unter der Bevölkerung und der kämpfenden Truppe. Die Gemeinde Messelhausen verlor bei diesen Kämpfen einen ihrer Besten - den Zehnters Schorsch. Wenn ich dieses Werturteil abgebe, so ist es wohl durchdacht. Eine jahrelange Freundschaft im edelsten Sinne des Wortes verband mich mit ihm. Er nahm immer regen Anteil am wohl und Wehe der Gemeinde und halt, wo Hilfe nötig war. Er hing an seiner Heimat und kannte wie kein zweiter die Geschichte des Ortes Messelhausen. Das ist darauf zurückzuführen, dass sein Onkel, Landgerichtspräsident Dr. Johann Anton Zehnter, die Geschichte des Ortes Messelhausen schrieb.

Am Dorfrand und ausserhalb des Ortes wurden 14 gefallene Soldaten gezählt, darunter 2 Amerikaner. Über 60 Verwundete wurden in Marstadt notdürftig verbunden und zurückgeschafft. Im Heldenfriedhof fanden viele Soldaten ihre letzte Ruhestätte.


 

Furchtbar hart traf der Krieg vor allem Hofstetten, das weitgehend ein rauchender Trümmerhaufen war. Der Krieg zog oftmals verheerend über die dörflichen Gefilde. Auch diese Zeiten gingen, dank des Fleißes und neuen Einsatzwillens der Bevölkerung, vorüber. Dieser Blick in die Vergangenheit mag uns trösten und erkennen lassen, dass die Last der vergangenen Zeiten schon von anderen getragen werden musste und getragen wurde. Trotz aller Stürme bewahrte der Ort sein eigenes Gesicht. Die Menschen sind nach der Art der Ostfranken. Sie sind fleißig und sparsam und Arbeit gehört zu ihnen wie das tägliche Brot. Geistig sind sie reg- und strebsam. Ihre Gemütsart ist heiter und voll Teilnahme am Lebensgang des Nebenmenschen.

In bekannten Kreisen gesprächig und mitteilsam, sind sie jedoch gegen Fremde und gegen Höhergestellte zurückhaltend, leicht misstrauisch und wenig redselig. Am Hergebrachten hängen sie zähe fest. „Es it ma Letti sou gwe“ oder „sou hat scho mei Vatter gemacht“ (es ist schon mein Lebtag so gewesen oder so hat es schon mein Vater gemacht). Das sind ihnen einstweilen Gründe genug, um es auch ferner so zu machen.

Vieles wäre noch über die Lebensweise der Bewohner zu sagen, über alte Sitten und Gebräuche, Alltag und Festfeier, über Sagen und Geschichte unserer Heimat. Doch habe ich eure Geduld vielleicht schon zu lange auf die Folter gespannt. Ich möchte zum Schluss nur noch eines herausgreifen, das typisch für unser Dorf ist, „Die Mundart“. Der Dialekt des Ortes, dessen Tonfall etwas singend ist, unterscheidet sich wesentlich von dem der Nachbarorte. Die Ortschaften werden also charakterisiert:
„Messelhausen – bleib mer drausse; in Balwi geits lauter halwi; in Kiri ist schmieri; in Vilchboch sen die Reichi; Zimmern it e Fensterscheibe“

(Folgt eingrößeres Stück Mundart, das ich ausgelassen habe. P. Beda)

Die Sprache hat ihren Mutterboden in den Völkern und Rassen. Die Mundart ist oft ursprünglicher und kerniger und hat sich im Laufe der Jahrhunderte in den einzelnen Volksstämmen herausgebildet. Die Mundart verrät sofort Heimat und Herkunft eines Menschen. Sie ist echt und wahr. So wollen wir unsere Heimat und Herkunft nicht verleugnen. Ein schönes und teures Fleckchen Erde dürfen wir unsere Heimat nennen. Ist auch die Geschichte unseres Heimatdorfes nicht weltbewegend, so bewegt sie doch unser Herz. Seine vergangenen Menschen und seine vergangenen Dinge sprechen uns an, da sie mit uns in Verbindung stehen – sie gehören zu uns und sind gleichsam ein Stück von uns.


 

 

abgeschrieben v. P. B. Kriener
Ortspfarrer v. Messelhausen („Augustinerkloster“)

 



Bericht über die Kämpfe bei Messelhausen

  1. -05. April 1945)

(von Lehrer Dietrich Samenfeld, Dortmund)

 

I. Vor dem Kampf

Den deutschen Truppen, die vor dem starken Druck der 3. amerikanischen Armee zurückwichen, fehlte es an schweren Waffen, vor allem Panzer, Artillerie und Unterstützung durch Flieger. Die Luftwaffe der Amerikaner beherrschte den Luftraum völlig.

In den Tagen vor Ostern (1. April) sah man ständig starke Feindbomberverbände unseren Ort überfliegen und ihre Lasten über dem Maintal abladen – wahrscheinlich um ihren mit Lastenseglern südlich von Hanau gelandeten und im Maintal vorstoßenden Truppen Luft zu machen. Oftmals sah man dort Rauch aufsteigen und hörte Artilleriefeuer aus nördlicher Richtung, das sonst immer nur von Westen hörbar gewesen war. Die bei Oppenheim über den Rhein gegangenen Teile der 3. amerikanischen Armee durchstießen schell den Odenwald und erreichten in 3 – 4 Tagen über Walldürn, Hardheim bei Tauberbischofsheim oder über Boxberg bei Königshofen das Taubertal.

Lange Kolonnen deutscher Truppen durchzogen - meist nachts aber auch tagsüber – unser Dorf und setzten sich, in östlicher Richtung, vom Feind ab. In Ermangelung von LKW’s wurden Bauernwagen beschlagnahmt. Selbst Ochsengespanne wurden herangezogen um Munition, Gepäck, Geschütze, Verwundete usw. zurückzubefördern. Manche Bauern mussten bis Röttingen, Aub, Bernsfelden und noch weiter fahren. Die Rückkehr war oft dadurch erschwert, dass der Feind inzwischen ihr Dorf besetzt hatte und die Front zwischen ihnen und ihrem Dorf lag. Viele Gespanne wurden von den Soldaten nicht wieder herausgegeben, so dass mancher Bauer nachher ohne Pferd und Wagen dastand.

Durch den Mangel an schweren Waffen ist es wohl auch zu erklären, dass sich die deutschen Truppen weniger an den großen Straßen „Tauberbischofsheim – Würzburg, Mergentheim – Würzburg festsetzten, sondern die Höhen und Waldstücke zwischen diesen zu verteidigen gedachten.
 

 

II. Die Tage des Kampfes

 

So setzten sich die den Ostrand des Taubertales und Südrand des Grünbachtales haltenden Truppen aus dem Raume Grünsfeld, Gerlachsheim, Lauda und Königshofen nach Messelhausen und Deubach ab und gruben sich dort in Schützenlöchern ein.

 

Die Stellung verlief über Deubach, die Sailtheimer Höhe, den Streitberg, an der Kützbrunner Straße entlang und erreichte vor der Schlossmauer den Dorfrand und lief an diesem nördlich entlang bis zum Nord- und Ostrand des Kirchenholzes. Am Karsamstag (31.3.) erschien um 21.30 Uhr eine Werferbatterie mit 12 schweren Werfern, grub sich zwischen der Marbacher und Kützbrunner Straße (am sogenannten Brechofenweg) ein und feuerte auf Truppenansammlungen und Kolonnen der Amerikaner im Taubertal bei Königshofen, Lauda und Gerlachsheim.

 

Vor ihnen und vor der Parkmauer bis hinunter zum Kirchholz lag eine Kompanie Scharfschützen mit Zielfernrohrgewehren, die aber bereits am folgenden Tag nach Oesfeld zurückgenommen wurden. Der Batteriechef der Werfer – ein Hauptmann – lag im Gasthaus „Deutsches Haus“, wohin eiligst Fernsprechleitungen zur Batterie hergestellt wurden und von hier aus wurden die Feuerbefehle gegeben. Es handelte sich um sogenannte „Nebelwerfer“, die ihre 15er und 21er Geschosse mit solchem Getöse und Gezisch abschossen, dass die Bevölkerung (diese hatte Ähnliches bisher noch nicht erlebt) in große Angst geriet.

Schon am nächsten Tage (Ostersonntag) mittags erschied der Kommandeur der Werfer – ein Oberst – und befahl den sofortigen Abmarsch der Batterie nach Neubronn. Die Bevölkerung des Dorfes atmete erleichtert auf in dem Glauben, auch die Infanterie würde nun das Dorf verlassen und dieses würde in letzter Stunde des Krieges vor Schaden bewahrt bleiben.

 

Die Infanterie, bestehend aus etwa 8 Kompanien zu je 100 Gewehren, blieb und hatte den Befehl, die Höhen vor Messelhausen und das Dorf bis zum letzten Mann zu verteidigen. So kam es zu den 3 - 4 tägigen Kämpfen bei Messelhausen, die sogar im Wehrmachtsbericht Erwähnung fanden (der Name des Dorfes wurde im Bericht nicht genannt!) und die schwere Opfer kosteten.

 

Sailtheim, Kützbrunn, Hofstetten, Zimmern, Vilchband und Bowiesen befanden sich bereits in den Händen der Amerikaner. Somit bildete unser Dorf einen Kessel, aus dem es nur noch in Richtung Oesfeld, Neubronn einen Ausweg gab.

 

Während des Kampfes erhielt das Btl. noch Verstärkung aus Mergentheim. Der Btl. Kdr. lag zunächst im Hause des Schmiedes Versbach, später bei Bauer Dertinger in Marstadt. Ein Kompanieführer lag im Hause Epp am Waldrand. Am Ostersonntag sah man mit bloßen Augen viele Panzer (ca. 70 – 80) über Poppenhausen ins Wittigtal auf Wittighausen vorstoßen.

 

Die Amerikaner rückten nun langsam von allen Seiten gegen das Widerstandsnest Messelhausen vor. Viele ihrer Batterien standen beiderseits Kützbrunn in und hinter den Waldstücken, ferner einige zwischen Zimmern und Grünsfeld und bei Vilchband. Die Panzer rückten bis zur Linie Sailtheimer Höhe, Streitberg, Simmelsberg vor, bewegten sich auf und hinter den Höhen und eröffneten zusammen mit den Batterien das Feuer auf das Dorf und die Schützenstellungen vor ihm. Die Bevölkerung hatte sich seit Ostersonntag in die Keller zurückgezogen und fand hier gute Deckung vor dem schweren Beschuss.

 

Glücklicherweise schoss der Feind nur Geschosse mit Brisanzaufschlagzünder, die bei der leichtesten Berührung krepierten und deshalb wohl eine verheerende Splitter- aber keine Tiefenwirkung hatten. Die Kalieber der Artillerie waren meist 10,5, die der Panzer 7,5. Dazwischen auch welche vom Kalieber 15. Aus der Art des Beschusses könnte man schließen, das es den Amerikanern nicht darauf ankam, das Dorf zu zerstören, als vielmehr die deutschen Truppen daraus zu vertreiben. Deshalb lag auch das Schwerste Feuer dort, wo man die Truppen festgestellt hatte (auf der Spitze des Löhleins und den anliegenden Feldern und auf dem Rande des Kirchholzes).

 

Die Häuser am Rande des Löhleins im oberen Dorf blieben fast völlig verschont, da sie für die meisten Geschütze im toten Winkel lagen. Dagegen erhielten die Dorfmitte, die Häuser an der Kirchholzstraße, der Gutshof, das Schloss mit seinem Park und die Kirche viele Volltreffer (die Kirche 15).

 

Schätzungsweise fielen in das Dorf, die Gärten und nächstliegenden Felder und Waldstücke mehrere tausend Granaten. Trotzdem waren die Schäden meist leichterer Art. Es handelte sich um Schäden an fast allen Dächern, Fenstern, Türen und Wänden welche durch Luftdruck und Splitter verursacht wurden.

 

Leider waren auch unter den Geschossen Phosphorgranaten. Als folge brannten am Dienstag, den 3. April in den späten Nachmittagsstunden die Scheuen von Georg Zehnter, Schweitzer u. Krämer ab. Die Scheune von Schweitzer brannte so schnell, dass die Feuerwehr nichts mehr ausrichten konnte. Die Löscharbeiten waren an dieser Stelle auch deswegen unmöglich, da gerade hier von den Scheunen und vor der Schule das feindliche Artilleriefeuer sehr dicht lag.

 

Beim Brand der Krämer’schen Scheune konnte die Feuerwehr Hilfe leisten und rettete das Wohnhaus und einen höheren Vorbau zur Scheune.

 

Am folgenden Tage, kurz vor dem Eindringen der Amerikaner ins Dorf, wurde die nördliche Scheune auf dem Gutshof in Brand geschossen. Auch hier wurden die Löscharbeiten durch den fortdauernden Beschuss erschwert. Die Feuerwehr konnte nicht mehr eingreifen, da die meisten Schläuche vom Krämer’schen Brand am Tage zuvor noch auf der Straße lagen und von Granatsplittern durchlöchert waren.

 

Die Bevölkerung wartete von Stunde zu Stunde auf das Eindringen der Amerikaner, denn das Leben in den überfüllten, oft nassen und kalten Kellern wurde - besonders nachts und mit den vielen Kindern - immer unerträglicher. Doch kamen diese nur sehr zögernd heran, da sie ihre Leute schonen wollten. So stießen die Panzer immer wieder über die Höhen auf das Dorf vor, zogen sich aber - sobald sie Beschuss erhielten - gleich zurück und dann begann sofort wieder Artilleriebeschuss.

 

Eigenartigerweise kam am Ostermontag ein amerikanischer Spähwagen – ein kleines, offenes, ungeschütztes Auto - von Zimmern heraufgefahren, umfuhr die Linde vor dem Schlossportal und fuhr unbehelligt und von einigen Leuten angelächelt, die vor dem Zehnter-Hildenbrand’schen Haus standen, wieder zurück.

 

Ebenso kam am Nachmittag des folgenden Tages ein gleiches Auto von Kützbrunn herauf ins Dorf gefahren, wendete an der Zehntscheune und machte sich nach Kützbrunn wieder davon. Diesem lauerten - aber zu spät - Soldaten mit Panzerfäusten auf. Die Panzerfaust traf das eiserne Tor, das zum Schlossgarten hineinführte und zertrümmerte es. Die Amerikaner befürchteten wohl, dass ihre Panzer von den Panzerfäusten der deutschen Soldaten erledigt würden und zogen es deshalb vor, das Dorf und seine Besatzung erst noch mehr „mürbe zu schießen“. Die deutschen Truppen hatten ihre Stellung nun noch näher an den Dorfrand verlegt.

 

Der ganze westliche und nördliche Waldrand des Löhleins und der nördliche und östliche des Kirchholzes waren mit Schützenlöchern gespickt. Deshalb konzentrierte sich das Feuer immer mehr auf diese Waldränder. Vielfach verstärkten die Soldaten ihre Schützenlöcher mit den in diesen Wäldern lagernden Wellen und Sterhaufen und deckten sie damit ab. Zwei mittlere Minenwerfer standen auf der Waldblöße im Löhlein links des Häuslesweges und einige schwere MGs bestrichen den Simmelsberg und die Kützbrunner Straße bis hinüber zu den Hofstetter Tannen vom Nord- und Westrand des Kirchholzes her. Doch vermochten diese Waffen den Amerikanern keinen Schaden zuzufügen.

 

Am Dienstag, dem 3. April und besonders am Mittwoch, dem 4. April steigerte sich das Feuer der amerikanischen Batterien und Panzer zu besonderer Heftigkeit. Ohne Aufhören heulten und zischten die Granaten über das Dorf hinweg und schlugen in dieses hinein.

 

Die Bevölkerung in den Kellern wartete sehnsüchtig darauf, dass diesem Zustand durch das Eindringen der Amerikaner ein Ende bereitet würde. In den frühen Nachmittagsstunden setzte auch Gewehr- und MG-Feuer ein und zwar aus nächster Nähe, so dass jedermann das Gefühl hatte: „Jetzt beginnt der Sturm, jetzt kommen sie.“

 

Aber dann verstummten wieder die Handfeuerwaffen und es trat eine kurze Ruhepause im Gefechtslärm ein, während der man deutlich das Brummen der Panzermotoren hören konnte. Die Amerikaner wichen wieder zurück und bald setzte der Artilleriebeschuss von Neuem ein.

 

Dies wiederholte sich mehrere Male. Gegen Abend - kurz vor Einbruch der Dämmerung – wurde die Gutshofscheune in Brand geschossen. Große Schwierigkeiten bereitete es, im Beschuss die zahlreichen Pferde, Kühe und Schweine aus den angrenzenden Stallungen ins Freie zu bringen. Die verängstigten Tiere liefen hin und her, bis es mit Mühe gelang, sie in den Hofraum hinter der westlichen Scheune zu treiben. Wegen des Ausfalls der Feuerwehr konnte der Brand nur mit Einstellspritzen und durch Einreissen bekämpft werden. Dennoch gelang es den tatkräftig zugreifenden Männern und Frauen, da der Wind günstig stand und Löschwasser aus einem nahen Becken im Schlosspark herbeigeschafft werden konnte, den Brand auf die eine Scheune zu beschränken. Alles Vieh konnte gerettet werden.

 

Während des Brandes und im Feuerschein der hochauflodernden Flammen drangen die Amerikaner in das Dorf ein. Sie kamen durch und um den Schlosspark herum die Straße von Zimmern herauf. Zwei Panzer durchbrachen die starke nördliche Schlossmauer im Obstgarten. Andere stiessen auf der Kützbrunner Straße auf das Dorf vor, weitere kamen vom Simmelsberg herunter, am Ott’schen Garten vorbei und erreichten, der Schlossmauer entlang auf dem Feldweg neben der Zimmerer Straße, das Dorf. Hinter ihnen folgte die Infanterie und bald befanden sich kleine Trupps überall auf der Dorfstraße, im Schloss und im Gutshof.

 

Einige solcher Trupps wurden von polnischen oder französischen Kriegsgefangenen geführt. Die Amerikaner durchsuchten nun systematisch jedes Haus nach deutschen Soldaten. Viele zogen sich zurück in die Waldstücke oder ergaben sich. In den Hausflur der Schule warfen die Amerikaner 3 Handgranaten, da sie im Keller deutsche Soldaten wähnten. In der Küche der Lehrerwohnung wurde, um die Vilchbander Straße und nach dem Kirchholz hin abzusichern, ein MG in Stellung gebracht. Auch in der Küche der Wirtschaft Rothenbuch wurde ein solches gegen das Kirchholz hin aufgebaut. Die Straße nach Marstadt hin wurde durch ein im Wohnzimmer des Ratschreibers Liebenstein aufgestelltes schweres MG gesichert.

 

Am Dorfeingang an der Straße nach Hofstetten und auf den angrenzenden Feldern kam es beim Eindringen der Amerikaner, die auch von Sailtheim und Hofstetten her gegen das Dorf anrannten, zum Nahkampf mit Handgranaten, Maschinenpistolen, Gewehren u. MG. Hier lag der Schwerpunkt des Kampfes.

 

Der Oberfeldwebel und Ritterkreuzträger Franz Gößmann, in Würzburg beheimatet, verteidigte hier seine Heimat heldenhaft. Während des schweren Beschusses, der hier tagelang lag, saß er in dem winzigen mit Steinplatten abgedeckten Wasserdurchlass unter der Straße nach Hofstetten (an der Ecke des Löhlein) und leitete von hier aus das Feuer seines etwa 15 - 20 Schritte hinter ihm im Waldrand in der kleinen Fichtenschonung eingegrabenen Zuges.

 

Einige Stunden vor dem Sturm erstattete er dem Btl-Kommandeur bei Dertinger in Marstadt persönlich Bereicht und meldete, dass die Stellung nicht länger zu halten sei. Er erhielt jedoch den ausdrücklichen Befehl, sie bis auf den letzten Mann zu verteidigen. Er äußerte nach Zeugenaussagen, als er Marstadt verliess, dem Sinne nach „Ich werde mit nicht feige erweisen und meine Pflicht tun, auch wenn es mein letzter Gang ist.“

 

So fand er beim Ansturm der Amerikaner mit manch einem seiner Kameraden den Heldentod.

 

Allem Anschein nach ist es dabei noch zum Handgemenge gekommen, denn nur 2 m neben ihm lag ein riesiger toter Amerikaner. Auf dem Wege von Epp’s Haus lagen nach dem Kampf 3 Gefallene, an der Löhleinspitze und den angrenzenden Feldern südlich des Weges nach Sailtheim 8 Gefallene – darunter 2 Amerikaner. Beim Durchsuchen der Häuser an der oberen Dorfstraße bis zum Löhlein hinauf schickten die Amerikaner die vorgefundenen Zivilpersonen, wohl um sie in der dunklen Nacht besser überwachen zu können, in den großen sog. Baukeller, in den sich schon viele Einwohner freiwillig begeben und dort die Tage des Beschusses verbracht hatten.

 

Durch das Leuchten mit Taschenlampen und durch die Unterhaltung wurden die deutschen Soldaten im Löhlein auf das Treiben in und vor dem Löhlein aufmerksam. Sie selber waren in Feuerpausen oder um Schutz zu suchen, öfters darin gewesen.

 

Sie eröffneten nun Gewehr- und MG-Feuer auf den Eingang. Im alten Kalkofeneingang vor Epp’s Hause stand ein leichtes MG, das den Kellereingang auf etwa 80 m unter Feuer nahm. Die Amerikaner flüchteten nun in großer Zahl in den Keller hinein. Die meisten blieben auf den sehr breiten Treppenstufen stehen, da der Keller mit Zivilisten, Betten, Matratzen, Koffern u. a. schon angefüllt war. Es waren nach Augenzeugen etwa 30 - 40 Amerikaner.

 

 

Die deutschen Soldaten sprangen nun vor den Eingang und ein Unteroffizier schoss, wie er selbst nachher in Marstadt erzählt hat, eine Panzerfaust in den Kellereingang hinein. Eine große Stichflamme durchdrang den Raum. Die Wirkung war furchtbar. Mindestens 2 evtl. auch 3 Amerikaner wurden getötet und sehr viele verwundet. Auch einige Zivilpersonen am Fuß der Treppe wurden noch von Splittern getroffen (z. B. Frau Wirsching, Frau Monika Epp und einige Mädchen des Institutes aus dem Schloss).

 

Während die Amerikaner die Verwundeten herausbrachten, erfolgte etwa nach 5 Minuten ein zweiter Schuss durch den 3. Luftschacht an der Hofstetter Straße dessen Wirkung noch viel verheerender als die Wirkung des 1. Schusses war. Das Geschoss traf mitten in die Zivilisten hinein – Flammen durchdrangen den Raum und die Splitter richteten Schrecken und Verwüstung an und verwandelten den Kellerraum in ein Chaos.

 

Sofort getötet wurden die Kinder Gertrud und ihr Bruder Rolf Dannemaier (10 u. 8 Jahre), die mit Ihrer Mutter – diese wurde bei dem Angriff schwer verwundet - aus Karlsruhe evakuiert wurden. Schwer verwundet wurden ferner Frau Mochel und ihr 5-jähriger Sohn Edwin (aus dem Elsass nach hier evakuiert) sowie Frau Mochel’s Schwager Herr Klein. Der 5-jährige Knabe erlag später im Lazarett in Tauberbischofsheim seinen schweren Wunden. Ausser diesen wurden noch mehrere Personen leichter verletzt. In dem Durcheinander der blutenden und jammernden Menschen war es sehr schwer, den Verwundeten zu helfen. Einige flüchteten in den Gutshof und wurden dort im Keller beim trüben Schein einer Kerze notdürftig verbunden. Die Amerikaner nahmen sich aller in menschlicher Weise an. Ihre Sanitäter taten, was sie konnten und amerikanische Sanitätswagen sorgten am nächsten Tage für den Abtransport in die Lazarette nach Lauda und Tauberbischofsheim.

 

Angeblich hatten die deutschen Soldaten die Absicht, den ganzen Baukeller in die Luft zu sprengen. Die schon glimmende Zündschnur einer Sprengladung konnte mit im Keller befindlichem Most ausgelöscht werden. Dies steht jedoch nicht mit Sicherheit fest.

 

Die Amerikaner erwiderten das Feuer auf die wieder in den Wald zurückweichenden deutschen Truppen. Das Artilleriefeuer und das der Panzer lag bis in die Morgenfrühe immer noch auf den beiden Wäldern, die das Dorf umgrenzten.

 

Die Bewohner des Dorfes östlich des Rathauses (Kirchholz- und Jägerstraße) wurden nach dem Eindringen der Amerikaner von diesen aus den Kellern geholt und gleichzeitig wurden alle Häuser sowie Scheunen nach Soldaten durchsucht. Es wurde befohlen, dass sich alle Einwohner, einschließlich der Frauen und Kinder, nach der Ortsmitte begeben sollten. Sie sammelten sich am Kreuz.

 

Durch die Drohung der amerikanischen Soldaten, dass jeder erschossen würde der später noch im Hause angetroffen würden, entstand der Irrtum, dass die Amerikaner wegen des bei unserem Dorf geleisteten hartnäckigen Widerstandes Erschießungen vornehmen würden. Die Ausländer (Polen und Franzosen) wurden abgesondert.

 

Große Angst bemächtigte sich aller, besonders der Frauen und Kinder. Es stellte sich aber bald durch die Vermittlung eines Dolmetschers im Schloss heraus, dass dieses Sammeln hauptsächlich dazu dienen sollte, das Durchsuchen der Häuser zu erleichtern. Die Leute durften in ihre Keller zurückkehren mit der Weisung, sie vor 7 Uhr früh nicht wieder zu verlassen.

 

Die Panzer, die die Infanterie ins Dorf geleitet hatten, zogen sich - wohl aus Furcht vor den deutschen Panzerfäusten - bald wieder in Richtung auf Kützbrunn zurück. Am nächsten Morgen rückten sie aber wieder ins Dorf ein und ihrer 7 standen vor dem Rathaus.

 

Außer den im Baukeller getöteten Personen kann noch einige andere ums Leben. Im Pfarrhaus wurde Frl. Güntzer in ihrer Wohnung im 1. Stock des Pfarrhausen durch Granatvolltreffer getötet; ebenso Frau Agnes Feuchtenbeiner durch Granatsplitter in ihrem Häuschen.

 

 

Einem bedauerlichen Irrtum fiel der von der ganzen Gemeinde hochverehrten und beliebten Ortsbauernführer Georg Zehnter zum Opfer. Er befand sich mit seinen Angehörigen im Keller des Nachbarhauses Lockheimer, der von den eindringenden Amerikanern beim Durchsuchen der Häuser übersehen worden war, so dass die Insassen von der Einnahme des Dorfes keine Kenntnis hatten. Gegen 5 Uhr begab sich Georg Zehnter in Begleitung eines zu seinem Hause gehörigen polnischen Kriegsgefangnen in sein Wohnhaus, um Milch für sein eigenes Enkelkind zu holen.

 

Hier hatten sich inzwischen in der Wohnstube einige Amerikaner eingefunden. Als sie in der benachbarten Küche die Schritte der beiden Männer hörten, glaubten sie wohl, es wären deutsche Soldaten. Sie schossen eine Salve mit ihrer MP durch die geschlossene Küchentür und trafen unglücklicherweise Herrn Zehnter so schwer, dass er kurz darauf verstarb.

 

Im Hause der Familie Josef Hügel wurde ein amerikanischer Soldat von seinem eigenen Kameraden ebenfalls mit der MP erschossen.

 

Ein am nördlichen Rand des Kirchholzes stehendes deutsches MG erhielt Volltreffer. Ein zu dem MG gesandter Melder (Gefr. Karl Tovernik) fand hier in der Nähe des sog. Froschteiches den Heldentod.

 

Am Tag darauf wurde der Bürgermeister (Johann Hofmann) und die leitenden Männer des aus Heidelberg hierher verlagerten Forschungsinstitutes (WPI-Weltpostinstitut), insgesamt etwa 20 Mann, verhaftet und mussten eine ungewisse Nacht im Amtshaus der Schaffnei (Dr. Ott) verbringen. Der Bürgermeister wurde am folgenden Tage auf freien Fuss gesetzt. Die zur Gefolgschaft des Instituts gehörenden Männer wurden im Schloss in Haft gesetzt, ebenso wurden auch alle anderen, zum Institut gehörenden Männer und Frauen, von nun an im Schloss für mehrere Wochen interniert.

 

Ein tragisches Schicksal musste Hofstetten erleiden. Es wurde am Karsamstag und Ostersonntag von deutschen Truppen besetzt, die den aus dem Königshofer Wald vorstoßenden amerikanischen Panzern (andere Panzer kamen aus dem Taubertal von Gerlachsheim und über Marbach) am Wolfental und in den Waldstücken unterhalb Hofstetten längs der Straße nach Marbach heftigen Widerstand entgegensetzten.

 

Verwundete wurden aus diesen Kämpfen nach Messelhausen zum Verbandsplatz im Schwesternhaus und weiter nach Neubronn zurückgeschafft. Am Ostermontag (2. April) drangen jedoch die Panzer weiter vor und beschossen Hofstetten und etwa gleichzeitig Sailtheim aus nächster Nähe mit Spreng- und Brandgranaten. Gegen 2 Uhr nachmittags schossen auch deutsche Werfer einige Salven nach Hofstetten, so dass der westliche Ortsteil bald ein Flammenmeer bildete.

 

Die deutschen Soldaten hatten bereits in der Nacht zuvor den Ort geräumt und sich, nachdem sie zuvor den 65 m hohen Holzturm auf dem Streitberg, den trigonometrischen Punkt 375,9 - der 7 Jahre lang das Wahrzeichen unserer engeren Heimat war - gesprengt hatten, auf Messelhausen und Deubach zurückgezogen.

 

Die Einwohner von Messelhausen sahen die dunklen Rauchschwaden im Westen aufsteigen, ohne ihren bedrängten Mitbürgern helfen zu können. Die Bevölkerung hatte in den Kellern wegen der ungeheuren Hitze keine Deckung mehr und flüchtete im schwersten Kugelregen der MGs und Granatsplitter nach den Weinbergen und dem Wolfental in Richtung Gerlachsheim. Dabei wurde die bei Josef Walter aus Würzburg zu Besuch weilende Frau Inge Grasser von Granatsplittern getötet.

 

Die Flüchtlinge mussten von ihrem Versteck aus ohnmächtig zusehen, wie ihr Heim und ihre Habe ein Opfer der Flammen wurden und erlebten in ihren Deckungslöchern einige furchtbare Stunden. Sie hatten nur das nackte Leben gerettet und flüchteten später nach Gerlachsheim. Hier wurden sie von den Amerikanern fast eine Woche lang festgehalten, so dass sie sich erst dann nach ihrem Anwesen und ihrem Vieh erkundigen konnten. Die Bewohner im östlichen Ortsteil blieben verschont.

 

 

 

Es brannten 9 Wohnhäuser und 9 Scheunen mit Stallungen ab.

 

Im einzelnen war dies bei:

Witwe Schneider (Wohnhaus), Josef Walter (Wohnhaus u. Scheune), Hans Walter (Wohnhaus u. Scheune), Wilhelm Walter (Wohnhaus u. Scheune), Valentin Raab (Wohnhaus), Michel Gensler (Wohnhaus), Stefan Schmitt (Wohnhaus u. Scheune), Witwe Rappl (Wohnhaus u. Scheune), Willi Schmid (Scheune), Valentin Raab (Wohnhaus - 2. Eigentum), Josef Meck (Scheune) und Egid Schmitt (Scheune).

 

Der Weiler Marstadt blieb, trotzdem dort der Btl-Stab lag, glücklicherweise vor Zerstörung und Brand bewahrt. Die sich aus Messehausen zurückziehenden Truppen hielten sich in Marstadt noch einen Tag länger, gruben sich am Straßenkreuz vor Marstadt und am „Wellenhaufen“ nochmals ein und rückten erst am Donnerstag durch das Jungholz nach Neubronn ab. Von Marstadt aus wurde auch ein Gegenstoss zur Rückeroberung von Messelhausen unternommen, dem es aber an Durchschlagskraft fehlte.

 

Am Rande des Jungholzes, besonders an der Straße nach Oberbalbach, ferner gegen Messelhausen und Marstadt und am Nordostrand gegen Bowiesen und Vilchband befanden sich überall Schützenlöcher. Die Amerikaner nahmen deshalb nach der Einnahme von Messelhausen besonders diese Waldränder unter Feuer, weshalb der Wald hier stark gelitten hat. Auf ihrem weiteren Rückzug ließen die deutschen Soldaten sehr viel Munition, besonders Granatwerfer aber auch Panzerfäuste, Handgranaten und Infanteriemunition zurück. Am Tage nach der Eroberung von Messelhausen, am Donnerstag, säuberten die Amerikaner die beiden Waldstücke Löhlein und Kirchholz und führten die noch darin befindlichen Soldaten als Gefangene ab.

 

Der amerikanische Kommandeur hatte gedroht, durch Anforderung von Fliegern das ganze Dorf zu vernichten, wenn der Widerstand, der in diesen Wäldern liegenden Truppen, nicht eingestellt würde. Er verlangte, dass dies - durch einen Parlamentär aus dem Dorf - dem deutschen Kommandeur mitgeteilt würde. Hierzu erbot sich freiwillig Christoph Ziegler der sich, mit einer weißen Fahne ausgerüstet, auf den Weg machte. Als der amerikanische Kommandeur ihn sah und daraus den guten Willen der Bevölkerung erkannte, zog er seinen Befehl zurück, wohl auch deshalb, weil der deutsche Wiederstand inzwischen merklich nachgelassen hatte. Sie hatten sich zurückgezogen.

 

Der aus dem benachbarten Schäftersheim stammende, schon erwähnte Mitkämpfer K. gehörte zur Mannschaft eines S.MG, das bei den Wellenhaufen an der Straßenkreuzung vor Marstadt sich eingegraben hatte und von der Höhe aus nach dem feindbesetzten Messelhausen zu sichern. Beim MG lag eine Gruppe von 7 Mann. Eine aus dem Kirchholz bis zur sog. alten Heerstraße vorgeschlichene Patrouille von fünf Mann erschien überraschend in deren rechten Flanke und nahm den gerade aus Marstadt zurückkehrenden MG-Führer, einen Unteroffizier und einen Schützen gefangen. Die Amerikaner forderten die restlichen Soldaten auf sich zu ergeben, was diese ablehnten. Darauf verschwand die Patrouille unter Mitnahme der beiden Gefangenen. Kurz darauf fuhren vier Panzer aus Messelhausen, gingen vor dem MG in Stellung und eröffneten ein kurzes, aber heftiges MG-Feuer auf den MG-Stand. Dabei wurden alle vier Mann verwundet und der Gefreite Paul Wagner fiel. Die Verwundeten, darunter der Augenzeuge, schleppten sich ins Jungholz zurück, wo sie von dem Sanitätsgefreiten Altenbrückner verbunden wurden.

 

An der gleichen Stelle hatten sich mehrere deutsche Granatwerfer postiert und beschossen Kirchholz und Löhlein, die sie vom Feind besetzt wussten. Die Amerikaner erwiderten das Feuer. Dabei wurde der Sanitäter durch eine Feindgranate getötet und an Ort und Stelle von seinen Kameraden begraben (am Oesfelder Weg). Die Verwundeten wurden nach Neubronn und weiter nach Harthausen zurückgeschafft.

 

Der Verbandsplatz für die im Raume von Messelhausen kämpfenden Soldaten der Kampfgruppe Müller befand sich in der großen Wohnstube des Bauern Simon Zehnter in Marstadt. Nach Angabe der Familie sind hier etwa 60 – 80 Verwundete durchgeschleust worden.

Sie wurden von einem Oberstabsarzt und anderen Sanitätern notdürftig verbunden, da es sehr an Verbandsstoff mangelte und von hier mit Bauernwagen über Neubronn zurückgeschafft.

 

Gegen etwaige Gegenstösse legten die Amerikaner Stellungen in den Wäldern an oder benutzten die verlassenen deutschen Stellungen. Sie lagen aber nur eine Nacht darin, denn am Freitag (6. April) - in den Nachmittagsstunden - rückten alle amerikanischen Kampftruppen mit Panzern, Spähwagen und LKW’s ab. Sie benutzten den Weg, der am Rand des Löhlein entlang gegen Marstadt führt. Dabei überfuhren sie einen dort liegenden toten deutschen Soldaten, wodurch der Leichnam arg zugerichtet wurde. Die amerikanischen Truppen rückten an diesem Tag gegen Deubach vor und besetzten es.

 

Eigenartig ist es, dass Messelhausen - obwohl der Vormarsch einige Tage stockte, vor Fliegerangriffen verschont blieb. Nur ein Artilleriebeobachter schwebte die ganzen Tage über unserem Dorf und den deutschen Stellungen und lenkte das feindliche Feuer.

 

Nach der Besetzung des Dorfes kehrte allmählich wieder Ruhe ein, wenn auch das Artilleriefeuer noch tagelang aus bedrohlicher Nähe herüber klang und wiederholt mit gefährlichen Gegenstössen gerechnet werden musste, die das Dorf vielleicht noch mehrere Male zum Schauplatz des Kampfes hätten machen können.

 

Die im Ort zum Arbeitseinsatz befindlichen französischen und polnischen Gefangenen wurden von den Amerikaner sofort auf freien Fuss gesetzt. Lobend erwähnt werden muss, dass die französischen Gefangenen sich in mutiger und aufopfernder Weise bei der Niederkämpfung der Brandherde im Dorf auszeichneten.

 

Zur Bewachung des im Kloster befindlichen Heidelberger Instituts und seiner internierten Belegschaft blieb eine stärkere Besatzung im Dorf zurück.

 

 

III. Nach dem Kampf

 

Nach dem Kampf begann sofort das Wiedergutmachen der Schäden. Die Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung wurden bereits erwähnt. Gefallen und hier beerdigt wurden 14 deutsche und 2 amerikanische Soldaten. Letztere wurden nach einiger Zeit wegtransportiert. Zwei von den deutschen sind am Oesfelder Weg im Jungholz begraben, 12 in einem kleinen Ehrenfriedhof an der Hofstetter Straße wo das Löhlein endet.

 

Durch Männer des Dorfes waren die Gefallenen auf der Flur zusammengesucht worden. Am Sonntagnachmittag, dem 8. April wurden sie von dem Pfarrer unserer Gemeinde und dem Unterzeichneten identifiziert, der Nachlass geordnet und gebündelt auf dem Rathaus hinterlegt. Nur zwei der deutschen Gefallenen konnten nicht identifiziert werden, da sie zu arg zerschossen waren. Die Toten lagen an folgenden Stellen: 3 bei Marstadt – 1 am Rande des Kirchholzes beim Froschteich – 3 lagen auf dem Weg vor Epp’s Haus – 4 an der Stelle des Ehrenfriedhofs, darunter 1 Amerikaner. Ein weiterer Gefallener wurde durch uns identifiziert und sein Nachlass zum Rathaus gebracht, jedoch an Ort uns Stelle beerdigt. Ebenso befindet sich noch ein Einzelgrab, das von Kameraden angelegt wurde, am Ostrand des Deubacher Waldes.

 

Um 18.00 Uhr wurden die gefallenen Helden im Beisein vieler Ortsbewohner von H.H. Pfarrer Eduard Schmitt eingesegnet und dann ins Grab gesenkt. Der Unterzeichnete sprach ein paar Worte zur Ehrung der jungen Helden. Leider war es nicht möglich, den gefallenen Soldaten und Zivilpersonen einen Sarg zu geben, wie sie es wahrlich verdient hätten. – Die Gräber werden von Familien des Dorfes, die die Patenschaft für irgendein Grab übernommen haben, und von Kindern des Dorfes in liebevoller Weise gepflegt und in Ordnung gehalten.

 

Von den Zivilpersonen wurde am 7. April zuerst Herr Georg Zehnter beigesetzt. Zu diesem Zeitpunkt herrschte im Dorfe noch ein großes Durcheinander, deshalb war die Zeit der Beisetzung noch nicht überall bekannt geworden. Viele kamen eiligst in ihrer Arbeitskleidung herbei, um dem so beliebten Mann das Geleite geben zu können und Zeuge seiner Einsegnung zu sein. Von der nahen Front klang Geschützdonner herüber und über der Trauerversammlung dröhnte das Motorengeräusch der Flieger. Bürgermeister Hofmann sprach in seinem Nachruf allen aus dem Herzen, wenn er den Toten, dem wir zu Dank verpflichtet seien, einen der besten der Gemeinde nannte.

 

Tags darauf wurden in einem Gemeinschaftsgrab Frl. Henriette Güntzer, Agnes Feuchtenbeiner und die beiden Geschwisterchen Gertrud u. Rolf Dannemaier beigesetzt. Tiefes Mitgefühl hegten alle mit der selbst ernst verwundeten Mutter der beiden Kinder, die nicht anwesend sein konnte und mit dem Vater, den die Trauerkunde noch nicht ereilen konnte.

 

Auch Herrn Dr. Kaspar Ott muss man wohl als ein Opfer des Krieges betrachten, da sein überraschender Tod sicher auf die Stürme und Aufregungen der Kampftage zurückzuführen ist. Nur wenige Tage nach dem Begräbnis seines Nachbarn Georg Zehnter begleitete eine zahlreiche Trauergemeinde auch in auf seinem letzten Weg. Als letztes wurde Frau Inge Grasser von Würzburg auf dem Friedhof von Messelhausen beigesetzt.

 

Über die Schäden an Häusern und Scheunen wurde bereits gesprochen. Nachdem Ruhe eingekehrt war, machten sich alle an die Arbeit, um die Schäden wieder auszubessern. Aus Nachbargemeinden, die nicht gelitten hatten, wurden Ziegel besorgt, die Reserven aus allen Ecken hervorgeholt und – so sie nicht reichten – mit Blechstücken oder Dachpappe nachgeholfen, um die Dächer wieder zu schließen. Da sah man die Patres auf Kirche, Kloster und Pfarrhaus und den Lehrer auf dem Schulhaus herumklettern um zu flicken, was der Krieg zerrissen hatte. Die meisten Fenster mussten mit Brettern oder Pappdeckel vernagelt werden, da die geringen Glasreserven bald aufgebraucht waren.

 

Das einzige Haus, das so schwer beschädigt war dass die Wiederherstellung sich nicht lohnte, war das Herrn Anton Düll gehörige Häuschen von Frl. Babette Lösch, die jetzt bei H. Düll in der Post wohnt. An der Stelle des Hauses und der dahinterliegenden Scheune ist jetzt ein schöner Terrassengarten.

 

Schwer beschädigt war das Pfarrhaus, die Schule, die Häuser von Dietz, Sack, Rothenbucher, Bopp und Wirsching. Aber auch fast alle anderen Häuser an der Kirchholzstraße und am Kirchsteig hatten schwer gelitten. Auch das Kloster hatte eine Reihe von Volltreffern. Schwer mitgenommen war vor allem auch die Kirche und der Kirchturm, der ganz durchlöchert war. Das Zifferblatt war verschwunden.

 

Selbst die Toten wurden in ihrem ewigen Schlummer gestört und manch schöner Grabstein lag zerborsten neben oder auf dem Hügel, andere hatten Splitterschäden.

 

Der große Torbogen über dem Gutshofeingang war durch Volltreffer zur Hälfte eingestürzt und mit ihm das darüber liegende Zimmer, wobei der Gutspächter Wörner fast zu Schaden gekommen wäre.

 

Manches Stück Vieh, das durch Granatsplitter getötet oder verwundet worden war, musste eingegraben werden. Die größten Viehverluste hatte Hofstetten, so dass ein Arbeitstrupp vom Dorf hinübergehen musste, um das Vieh einzugraben.

 

Überall hingen die Starkstrom- und Telefonleitungen, von Splittern zerfetzt, von den Gestängen herab. Das Transformatorenhäuschen an der Vilchbander Straße wurde durch einen Volltreffer schwer beschädigt. Es dauerte viele Wochen, bis die Leichtleitungen wieder in Ordnung waren. Während dieser Zeit blieb nichts anderes übrig, als mit den Hühnern schlafen zu gehen denn es gab kein Licht und die wenigen Kerzen waren in den Kampftagen verbraucht worden.

 

Durch den Ausfall des elektrischen Stromes lag auch die Wasserleitung still und das Wasser für Mensch und Vieh musste aus den wenigen Brunnen geholt werden. Am schlimmsten waren in der Wasserfrage die Leute von Hofstetten dran und daher musste das Wasser sorgsam eingeteilt werden.

 

Auch das Feld und die Gärten hatten große Schäden erlitten und viele Obstbäume wurden stark mitgenommen oder ganz geknickt.

 

In der ganzen Gemeindeflur – in den Gärten, auf den Wegen und in den Wäldern – wurden Waffen und Munition gefunden, die auf Befehl der Amerikaner von den Deutschen zusammengeholt werden mussten und dann fortgeschafft wurden. Trotz der Suchaktion blieb noch manche Granate und MG-Munition im Gelände liegen und wurde zu einer Gefahr für die unbedachte Jugend. Es kamen auch verschiedene Unglücksfälle vor, die im Laufe der Zeit zwei Todesopfer (einen Schulbub in Messelhausen und eine Frau in Bowiesen) forderten.

 

Die im Dorf befindlichen Franzosen und Polen verließen am Tage nach der Eroberung sogleich das Dorf, um bei einem etwaigen deutschen Gegenangriff nicht ein zweites Mal in die Hände der Deutschen zu geraten. Als aber die Front endgültig aus unserer Nähe gerückt war, kamen viele zurück. Ihre Zahl vermehrte sich, als sich bald darauf befreite französische Gefangene aus dem Gau in Messelhausen sammelten und hier von den Amerikanern zur Bewachung des Instituts eingesetzt wurden. Sie richteten sich in der großen Baracke im Park des Klosters ein und machten in ihrer freien Zeit Jagd auf unsere Rehe und Hasen.

 

Der Chronist befragte sie über ihr Verhältnis zu den Bauern und sie sagten:

„Beaucoups travailler, mais beaucoups manger!“ was bedeutet: „Viel Arbeit, aber auch viel zu essen!“ Einige sagten sogar, wenn sie nicht Frau und Kinder daheim hätten, würden sie in Deutschland bleiben. Ein in Vilchband gewesener Franzose äußerte die Absicht, dorthin zurückzukehren. Zu ihrer Ehre sei gesagt, das sie sich in jeder Weise anständig benahmen und keine Gewalttaten begingen.

 

Eher schon bei den Polen - diese machten in der Gegend häufig Überfälle. Doch gab es auch unter ihnen gute Menschen. Die Franzosen rückten nach einigen Wochen ab und kamen über Würzburg, Köln, Belgien wieder in ihre Heimat. Durch den Ausfall der Arbeitskräfte entstanden oft bei den Bauern, vor allem in den Gutshöfen von Sailtheim und Messelhausen, Betriebsschwierigkeiten.

 

Es würde zu weit führen, hier auch das Schicksal der Nachbargemeinden niederzuschreiben. Erwähnt sei, dass in der Umgebung am meisten gelitten haben:

  • Königshofen (60% Zerstörung)

  • Deubach (ähnlich wie Messelhausen mitgenommen)

  • Bowiesen (fast ganz zerstört)

  • Vilchband (14 Scheunen und 4 Wohnhäuser)

 

Vilchband und Kützbrunn hatten auch 1 bzw. 2 Todesopfer zu beklagen. Die Orte an der Bahnstrecke kamen im wesentlichen mit dem Schrecken davon, da dort unten kein Widerstand war.

 

Die Beatzung für das Institut im Kloster wechselte oft und war auch verschieden stark. Anfangs stand auch eine Vierlingsflak im Hof des Klosters. Einmal war eine 40-Mann starke Truppe aus Porto Rico da, deren Muttersprache spanisch ist. Sie hatten ihr Quartier in der großen Baracke. Später kamen kleinere Kommandos, die im Dorf Logis nahmen, so dass manche ihr Haus räumen mussten, denn die amerikanischen Soldaten durften nicht mit der deutschen Zivilbevölkerung zusammen wohnen.

 

Ende Juni kam eine Pionierkompanie und belegte das Dorf. Eine Reihe von Familien mussten räumen und 4 Wochen lang anderswo Quartier nehmen. Das sorgte dafür, dass der Krieg in Messelhausen nicht so schnell vergessen wurde, während die meisten anderen Dörfer in der Gegend bald keinen amerikanischen Soldaten mehr sahen.

 

 

Messelhausen, den 28.Juni 1945

(gez.) Dietrich Samenfeld

 





 


 


 


 

 

 

 

 

 

 

 




 
 
 
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